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Ostschweiz
Quartierbewohner wollen den grauen Spelteriniplatz in St.Gallen begrünen. Die Stadt unterstützt die Idee im Grundsatz, auch wenn dafür einige Parkplätze dran glauben müssten. Unbestritten ist: Zirkus und Jahrmarkt müssen weiterhin Platz finden.
Roger Berhalter
An diesem Morgen zeigt sich der Spelteriniplatz nicht von seiner schönsten Seite. Die meisten Parkplätze sind leer und geben den Blick auf den Asphalt frei. Kahl ragen die Platanen an der Sonnenstrasse in den Himmel. Regula Geisser kennt diesen Anblick gut. Schon seit ihrer Kindheit wohnt sie direkt am Spelteriniplatz – und als Architektin weiss sie heute auch, wie man ihn schöner gestalten könnte. Sie möchte ihn mit Bäumen und Stauden wieder fassen. «Ohne Ketten», sagt sie und deutet auf die wenig charmanten Metallschranken, die den Platz heute begrenzen. Stattdessen soll künftig ein grüner Gürtel zeigen, wie der Platz ursprünglich zoniert war und räumlich wirken kann. Vielleicht wird es auch eine kleine Wasserfläche geben, zudem soll der Boden nicht mehr überall aus gewöhnlichem Asphalt bestehen.
Die Stadtverwaltung möchte den Spelteriniplatz schon länger sanieren. Auslöser war der Circus Knie, der hier jedes Jahr sein Zelt aufschlägt. Statt immer wieder neue Löcher in den Boden zu treiben, sollte der Zirkus fixe Verankerungen für sein Zelt erhalten. Zuerst ging es nur um diese Verankerungen, dann plante das Tiefbauamt im gleichen Zug eine Sanierung des Platzes. Jetzt, auf Initiative von Regula Geisser, sind auch gestalterische Ideen mit im Spiel. Dass dies teurer wird als ursprünglich geplant, liegt auf der Hand. Das bestätigt auch Baudirektorin Maria Pappa. Noch sei aber nichts entscheiden und das Budget für den neuen Platz noch nicht bestimmt.
Dennoch ist die Gestaltungsidee schon weit fortgeschritten. Das Architektur- büro GSI von Regula Geisser treibt das Projekt zusammen mit einem Projektteam aus dem Quartier voran und hat seine Pläne schon mehrfach mit der Stadt besprochen. Zunächst hätten die Initianten den Nachweis erbringen müssen, dass der neu gestaltete Spelteriniplatz einem Bedürfnis des Quartiers entspreche. Also organisierten sie eine Infoveranstaltung, fühlten dem Quartier den Puls und führten eine Umfrage durch. Eine Mehrheit sprach sich laut Geisser für den neuen Spelteriniplatz aus.
Mittlerweile liegt auch eine Machbarkeitsstudie des Architekturbüros GSI vor. «Wir konnten zeigen, dass mit unseren Ideen für den Spelteriniplatz die Nutzungen Parkplatz, Jahrmarkt und Zirkus weiterhin möglich sind.» Im vergangenen Sommer fällte der Stadtrat einen positiven Richtungsentscheid, und die Architekten erhielten offiziell den Auftrag, ein Vorprojekt auszuarbeiten.
«Wir sind grundsätzlich offen für eine Neugestaltung», sagt Baudirektorin Maria Pappa. Sie betont aber auch die klaren Rahmenbedingungen: Auf dem Spelteriniplatz soll es weiterhin Parkplätze geben, und Jahrmarkt und Zirkus sollen weiterhin dort Platz finden. Den Platz verschönern, ohne diese Nutzungen zu verunmöglichen: Das sei die Haltung des Stadtrats. Er sei jedoch bereit, auf eine gewisse Anzahl Parkplätze zu verzichten. Anders ist die Neugestaltung auch gar nicht möglich, denn die neuen Bäume und Büsche brauchen nun einmal Platz. Wie viele der gut 150 Parkplätze wegfallen, ist laut Pappa noch nicht entschieden. Auch Regula Geisser möchte keine Zahlen nennen. Wichtiger sei ihr, dass möglichst viele Bäume und Gehölze Platz fänden. «Plakativ ausgedrückt: Für jeden Parkplatz weniger pflanzen wir einen Baum mehr.»
Die nächste Hürde, die das Projekt nehmen muss, sind die Verhandlungen mit dem Circus Knie, die noch in diesem Jahr traktandiert sind. Vor allem die Zufahrt zum Platz während des Auf- und Abbaus des Zirkuszelts sei eine Herausforderung, sagt Geisser. Dafür erhalte der Circus Knie laut Geisser eine «stimmige Situation», und dank des atmosphärischen Baumrings werde der Platz romantischer und malerischer.
Im Museumsquartier wird derzeit heiss über den öffentlichen Raum diskutiert. Nicht nur um den Spelteriniplatz, sondern auch über zwei Wiesen im Quartier. Einerseits das Wiesli zwischen Notker- und Museumsstrasse. Im warmen Halbjahr dient es als Treffpunkt, als Dorfplatz mitten in der Stadt. Anwohner und Mitglieder der IG Museumsquartier bezeichnen das Wiesli deshalb als Herz des Quartiers, als Musterbeispiel für eine gelungene Quartierentwicklung. Hier sausen Kinder die Rutschbahn hinunter, Jugendliche kicken Bälle, Erwachsene stellen den Grill auf.
Das Quartier wehrt sich gegen die Überbauung
Doch das Wiesli ist kein öffentlicher Grund, sondern gehört der Pensionskasse des Kantons St. Gallen – und diese hat damit konkrete Pläne. Das Wiesli soll nicht mehr länger eine Freifläche sein, sondern mit Wohnungen überbaut werden. Bis zu vier Stockwerke sind an diesem Standort möglich.
Gegen dieses Bauvorhaben regt sich Widerstand. SP-Stadtparlamentarierin Doris Königer hat eine Einfache Anfrage eingereicht und stellt dem Stadtrat kritische Fragen zum Wiesli. Auch die IG Museumsquartier hat angekündigt, sich zu wehren. Im aktuellen Wahlkampf um den freien Stadtratssitz war das Wiesli ebenfalls schon mehrfach Thema. Beide Kandidaten – sowohl Sonja Lüthi (GLP) als auch Boris Tschirky (CVP) – betonten in Podiumsdiskussionen, dass ihnen die Quartierwiese am Herzen liegt.
Der zweite Brennpunkt im Quartier ist der Stadtpark oder genauer: die Fläche zwischen dem Kunstmuseum und dem Historischen und Völkerkundemuseum. Dort soll von 2019 bis 2021 ein provisorisches Theater stehen. Das Theater St. Gallen hat eine Totalsanierung nötig, und damit es während der Renovation den Betrieb aufrechterhalten kann, möchte es die Vorstellungen in ein Provisorium verlagern.
Über das Theater entscheidet das Stimmvolk
Dass dieses Provisorium ausgerechnet im Stadtpark stehen soll, stösst dem städtischen Naturschutzverein sauer auf. Auch Anwohner haben die Pläne von Stadt und Kanton schon öffentlich kritisiert. Ob das Theater saniert und das Provisorium im Park gebaut wird, darüber wird das Stimmvolk entscheiden. Zum Sanierungskredit von 48,6 Millionen Franken wird es eine kantonale Abstimmung geben. (rbe)