«Am Schluss waren wir bereit»

Das Schweizer Team rund um die Goldacherin Claudia Hüttenmoser sicherte sich an den Paralympics den 7. Rang im Rollstuhlcurling. Nach dem ersten Sieg folgte eine Negativserie – Nervosität und Druck setzten den Schweizern zu.

Lea Müller
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Claudia Hüttenmoser sammelte in Vancouver Pins der anderen Rollstuhl-Curling-Teams und befestigte sie an ihrer Akkreditierung. (Bild: Lea Müller)

Claudia Hüttenmoser sammelte in Vancouver Pins der anderen Rollstuhl-Curling-Teams und befestigte sie an ihrer Akkreditierung. (Bild: Lea Müller)

Goldach. Mit 1:15 verlor das Schweizer Team haushoch gegen die Kanadier. Das hätte niemand erwartet. Denn die Schweizer besiegten den Weltmeister zuvor an einem Turnier in Prag. Guter Dinge reisten die Schweizer Rollstuhlcurler nach Vancouver an die Paralympics – eine Medaille schien in greifbarer Nähe. Auch das olympische Komitee hatte grosse Erwartungen. Warum gingen die Steine der Schweizer dann derart am Ziel vorbei?

4000 bis 6000 Zuschauer

«Wir fanden einfach nicht zu unserem Spiel», sagt Claudia Hüttenmoser. Das Team habe sich nicht schnell genug an die neuen Verhältnisse gewöhnen können. Das Eis war anders als zu Hause und mit den fremden Steinen mussten sich die Curler zuerst noch einspielen.

Auch die Eishalle sei eine Herausforderung gewesen, erzählt Claudia Hüttenmoser. In Europa würden die Fans das Spiel hinter einem Glas verfolgen.

Nicht so in Vancouver: In die offene Eishalle drängten sich bei jedem Spiel etwa 4000 bis 6000 Zuschauerinnen und Zuschauer. «Die Halle bebte regelrecht», erinnert sich Claudia Hüttenmoser. «Es war ein gewaltiger Lärm.» Einerseits sei es ein grosse Ehre, einmal an so einem Ort spielen zu dürfen, versichert Claudia Hüttenmoser. Andererseits sei dadurch die Nervosität grösser geworden. «Vielleicht konnten wir mit dem Druck nicht richtig umgehen.»

Intensive Tage

Obwohl die Schweden im ersten Spiel geschlagen werden konnten, folgten danach Niederlagen. Claudia Hüttenmoser gibt sich selbstkritisch: «Wir spielten zu wenig konzentriert.» Im Gegensatz zum Beispiel zu den Koreanern: «Schon beim Training staunten wir über ihre wahnsinnige Präzision», erzählt Claudia Hüttenmoser. Japan hingegen hätte sie als stärkeres Team eingeschätzt.

Dass die Schweizer ihnen knapp unterlagen, ärgert Claudia Hüttenmoser: «Wir hatten gute Chancen, brachten die Steine aber einfach nicht nach Hause.»

Als einzige Frau im Team musste Claudia Hüttenmoser den Regeln entsprechend bei jedem Spiel auf dem Eis stehen. Pro Tag standen deren zwei auf dem Programm. Dann ging es mit den Trainings weiter. Intensive Tage, die für die Sportler auch körperlich eine Herausforderung sind. «Das meisterte ich problemlos», freut sich Claudia Hüttenmoser.

«Das Konditionstraining hat sich gelohnt.»

Sieg zum Abschied

Für die Halbfinalqualifikation reichte es nicht. Mit einem 10:3-Sieg gegen Norwegen verabschiedeten sich die Rollstuhlcurler aus dem Turnier – mit ihrem besten Spiel. «Am Schluss gelang uns all das, was vorher in die Hosen ging», sagt Claudia Hüttenmoser. «Wir waren gerade dann bereit, als es schon zu Ende ging.

» Eigentlich ärgerlich, doch das Schweizer Team sei sehr zufrieden mit dem Resultat. «Ich finde den 7. Rang wunderbar», sagt Claudia Hüttenmoser. Wenn man bedenke, dass das Schweizer Team sehr jung sei und in dieser Konstellation erstmals an einem Turnier dieser Grösse und Dauer teilgenommen habe, sei das eine gute Leistung.

Fotos und Autogramme

Seit drei Tagen ist Claudia Hüttenmoser wieder zurück in der Schweiz. Ihr Fazit von den Paralympics: «Eine absolut einmalige Zeit. Die Eindrücke und Erlebnisse werde ich nie vergessen.» Besonders berührt habe sie die Herzlichkeit und Freundlichkeit der Kanadier. Die Sportart Rollstuhlcurling sei bekannter als in Europa. Bei einem Ausflug in die Stadt wurde das Curlerteam auf der Strasse immer wieder angesprochen.

«Die Leute standen Schlange, um ein Autogramm zu bekommen oder eine gemeinsames Foto machen zu können.»

Jetzt möchte Claudia Hüttenmoser sich erstmal ausruhen und ihre Ferien geniessen. Aber schon bald wird sie sich wieder neuen sportlichen Zielen widmen: «Ich möchte bis im Herbst 2010 ein Rollstuhlcurling-Team in St. Gallen aufbauen.»

Gespräch mit Claudia Hüttenmoser in der Gemeindebibliothek Goldach, Morgen Samstag, 11 Uhr, Anmeldung: bibliothek@goldach.ch oder Telefon 071 845 50 17.