GOSSAU. Landwirt Andreas Zingg sät Gerste. Im vergangenen Jahr konnte er dies erst im Mai tun. Insgesamt ist die Natur derzeit etwa einen Monat früher dran als in einem gewöhnlichen Jahr.
Am Morgen auf dem Weg zur Arbeit hört man in den Baumkronen Vögel pfeifen, erste Sonnenstrahlen wärmen das Gesicht. Das aktuelle Wetter erleichtert nicht nur all jenen den Start in die Woche, die in einem Büro arbeiten, sondern insbesondere auch den Landwirten.
Angesprochen auf die warmen Temperaturen sagt der Gossauer Landwirt Andreas Zingg gutgelaunt: «Ich warte noch immer auf den Winter.» Er konnte auf seinem Hof gestern bereits Sommergerste sähen – während im Hintergrund nach wie vor der tiefverschneite Alpstein leuchtet. Im vergangenen Jahr war dies noch ganz anders. Bis am 10. Mai musste Zingg mit dem Säen warten. Wobei der Frühling vergangenes Jahr aussergewöhnlich kalt gewesen sei. Zurzeit sei die Natur rund einen Monat früher dran als in einem durchschnittlichen Jahr.
Auch Landwirt Christoph Koch vom Hofstadl in Albertschwil war gestern auf dem Feld anzutreffen. Er kommentiert die aktuellen Bedingungen mit einem Wort: «Sensationell». So zu arbeiten sei angenehm. Er hoffe allerdings, dass es dafür im März oder April keine Retourkutsche geben wird und warnt: «Der Winter ist noch nicht vorbei.» Bisher sei es kaum je vorgekommen, dass Feldarbeit im Februar so häufig möglich gewesen sei. Auch Hofdünger könne man bereits austragen, sagt er. Der Boden nehme Nährstoffe auf.
Das warme Wetter hat aber nicht nur Vorteile. Für die Obstbauern könnte es negative Auswirkungen haben. Bleibt es über längere Zeit allzu warm, besteht die Gefahr, dass die Bäume zu früh Knospen treiben. Fallen die Temperaturen dann plötzlich wieder, könnte dies zu Frostschäden führen. Ernst Ziegler, Landwirt und Gossauer SVP-Stadtparlamentarier, erinnert sich an den Winter 1986 als im März Minusgrade zwischen 12 und 16 Grad herrschten. «In solch einem Fall drohen im Obstbau Ernteausfälle», sagt Ziegler. Momentan würden die kalten Nächte aber noch verhindern, dass die Bäume «in den Saft kommen».
Wie viele andere Landwirte in der Region nutzte Ziegler gestern die Gunst der Stunde und arbeitete zügig voran. Während des Telefongesprächs ist im Hintergrund unermüdlich das Schnappen einer Gartenschere zu hören. «So einen Winter habe ich noch nie erlebt», sagt Ziegler während er Apfelbäume stutzt. «Ich habe bislang noch kaum an die Finger gefroren.» Dank des milden Wetters ist Ziegler zudem nicht nur gut im Zeitplan, es wirkt sich auch auf seine Stimmung aus. «Es ist viel angenehmer, in der Sonne zu arbeiten als im Nebel.»
Im Ackerbau hingegen ist allfälliger Frost kein Problem. Laut Landwirt Andreas Zingg kann jetzt auch Schneefall der Ernte nichts mehr anhaben. Im Gegenteil: Der Schnee würde die gesäten Samen konservieren, sagt er.