Abstimmungsvorlage zur Sömmerliwiese: Fragen zum Konzept, Kritik am Egoismus des Quartiers

Leserbriefe: «Quartierbewohner wehren sich für Sömmerliwiese», Ausgabe vom 27. Dezember

Andrea Bernet
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Am 12. Februar kommt es zur Volksabstimmung über die Sömmerliwiese. Das ist gut so. Nur schon, weil damit die ausserschulische Betreuung von Schulkindern öffentlich und breit diskutiert werden kann. Das ist nicht nur fürs Lachen-Quartier wichtig: Andere Gebiete werden in den nächsten Jahren ähnliche Erfahrungen mit der Bau- und Bildungsbürokratie machen, wie es derzeit in der Lachen der Fall ist. Der Widerstand dürfte nicht weniger gross sein als heute dort.

Worum geht es? Der Stadtrat hat entschieden, dass nicht, so wie es logisch wäre, bei jedem Schulhaus zusätzlich Räume für die ausserschulische Tagesbetreuung (Mittagstisch, Aufgabenhilfe und so fort) geschaffen werden. An einigen Orten, wo neu ge­baut werden muss, soll eine Infrastruktur für mehrere Schulhäuser an einem mehr oder weniger zentralen Ort zwischen diesen entstehen. Auf der Sömmerliwiese ist das ein Neubau für die Schulhäuser Feldli und Schönenwegen. Dass das Nachteile hat (etwa lange, unsichere Anmarschwege über Hauptverkehrsachsen für die Kinder oder auch viele Kinder auf einem Haufen), wird von Fachleuten nicht einmal in Abrede gestellt.

Die Begründung für das Konzept ist – gemäss Angaben an einer Infoveranstaltung in der Lachen – nicht pädagogischer, sondern finanzpolitischer Art: Die Kosten für dezentrale Neubauten sind für die Stadtkasse nicht tragbar. Meint wenigstens der Stadtrat. Wenn man sich an den Beispielen Sömmerliwiese und Altes Schulhaus Rotmonten anschaut, wie das Hochbauamt bei diesen Projekten klotzt, erstaunt einen die stadträtliche Haltung nicht wirklich. Da wird das Geld mit ziemlich vollen Händen zum Fenster hinaus geworfen. Im Projekt für Rotmonten geschah das etwa für pro Schulhaus getrennte Treppenhäuser im zu sanierenden Altbau. Das Stadtparlament hat die Vorlage fürs Alte Schulhaus Rotmonten schon vor einiger Zeit als viel zu teuer versenkt.

Der Stadtrat muss dem Parlament noch einen Postulatsbericht über das künftige Konzept der ausserschulischen Betreuung vorlegen. Darin müssten auch bauliche und Standortfragen sowie Ungereimtheiten aufs Tapet kommen. Eigentlich war einmal die Rede davon, dieser Bericht solle schnell, vor allem noch vor dem Volksentscheid über die Sömmerliwiese, vorgelegt werden. Bis jetzt hat das Stadtparlament davon allerdings erst eine Skizze gesehen; der ausführliche Bericht lässt auf sich warten. Ist das Thema vielleicht zu heiss? Oder wird etwa befürchtet, dass Bürgerinnen und Bürger sich anhand dieser Unterlage frühzeitig zu den Plänen der Stadt in ihrem jeweiligen Quartier äussern könnten?

Andrea Bernet

Röschstrasse 27, 9000 St. Gallen

Egoismus treibt seltsame Blüten

In Leserinnenbriefen wehren sich Quartierbewohner mit erstaunlichen Argumenten gegen einen Neubau für die Tagesbetreuung auf der Sömmerliwiese. Von «Gefühlen von Gelassenheit» der Spaziergänger und von dezentraler Betreuung ist die Rede. Bei einem Spaziergang in der Umgebung besagter Wiese erstaunt, in welch privilegierten Verhältnissen diese Nachbarinnen und Nachbarn wohnen. Mit ihrem Widerstand verhindern sie ein Projekt, mit dem für Kinder, von denen viele aus einem weit weniger komfortablen Wohnumfeld im gleichen Quartier kommen, ein Betreuungsangebot in angemessenen räumlichen Verhältnissen realisiert werden kann. Und dies, obwohl nachgewiesen und anerkannt ist, dass Betreuungsangebote eine hohe, auch räumlich gute Qualität aufweisen sollten. Da steht Egoismus wohl einmal mehr vor dem Gemeinwohl. Stehen wir St. Gallerinnen und St. Galler doch zu einer guten Kinderbetreuung für alle und sagen wir am 12. Februar Ja zu einer Kindertagesbetreuung auf einem Teil der Sömmerliwiese.

Beatrice Heilig

Ekkehardstrasse 2, 9000 St.Gallen