Im Kanton St. Gallen gelten künftig für private wie öffentliche Pflegeheime die gleichen Qualitätsanforderungen. Die Regierung hat die minimalen Standards für die Pflege und Betreuung, aber auch für die Bauten definiert.
ST. GALLEN. Im Kanton St. Gallen gibt es eine Vielzahl von Pflegeheimen – grosse Einrichtungen, kleine Häuser, moderne Neubauten, verwinkelte Altbauten. An dieser Vielfalt von Angeboten in der St. Galler Heimlandschaft will die Regierung nicht rütteln – aber: Es sollen künftig für alle privaten und öffentlichen Pflegeheime die gleichen qualitativen Mindestanforderungen gelten. Die Regierung hat eine entsprechende Verordnung verabschiedet; sie löst die verschiedenen bisherigen Richtlinien ab.
Die neue Verordnung definiert auf wenigen Seiten die Anforderungen an Betriebskonzept, Personal und Infrastruktur.
Den Schutz und das Wohl der Bewohnerinnen und Bewohner von Betagten- und Pflegeheimen sichern: Dies ist das zentrale Anliegen der Regierung. Die Vorgaben seien als Mindestanforderungen zu verstehen. Damit sei «eine einheitliche Mindestqualität» gewährleistet. Die Regierung tönt damit an: Die Vorgaben dürfen durchaus übertroffen, nicht aber unterschritten werden.
Markus Brändle bezeichnet die neue Verordnung als «pragmatische Lösung». Er ist Vorstandsmitglied von Curaviva; der Verband Betagten- und Pflegeheime Kanton St. Gallen hat an den neuen Vorgaben mitgearbeitet, genauso wie die Vereinigung der St. Galler Gemeindepräsidenten. Es sei nötig gewesen, eine Mindestqualität zu definieren, sagt Brändle, denn es treffe Heimbewohner – «also Menschen in einer Abhängigkeit».
In der Vernehmlassung seien «Forderungen nach höheren als auch nach tieferen Vorgaben» eingebracht worden – insbesondere beim Personal, so die Regierung. Die Verordnung schreibt nun beispielsweise fest: Die Leiterin oder der Leiter Pflege und Betreuung muss einen Fachhochschul- oder Uni-Abschluss und mindestens zwei Jahre Berufserfahrung haben, oder eine Ausbildung der Sekundarstufe II und fünf Jahre Berufserfahrung.
Die meisten Heime im Kanton erfüllten die Vorgaben beim Personal, ausbildungs- wie anzahlmässig, sagt Brändle. Er weist darauf hin, dass beim geforderten Stellenumfang das Jahresmittel gelte. Auf die Frage, ob die 24-Stunden-Verfügbarkeit einer Fachperson kleinere Heime nicht vor eine unlösbare Aufgabe stelle, sagt er: Dies sei «mit dem Pikett» berücksichtigt worden. Die Fachperson muss demnach nachts nicht im Heim anwesend sein; sie muss aber dauernd telefonisch erreichbar und innert 20 Minuten im Einsatz sein.
Beim Thema Personal drückt den St. Galler Heimverband der Schuh woanders: Es gebe im Kanton St. Gallen keine Verpflichtung zur Ausbildung, sagt Brändle. Anders als in Bern, Luzern oder Solothurn, wo ein Ausbildungsplatz pro zehn Betten gefordert werde, verbunden mit einem Bonus-Malus-System. Curaviva prüfe deshalb eine Verbandslösung, sagt Brändle.
Die neue Verordnung definiert auch die Zimmergrössen. Ein Einzelzimmer muss mindestens 20 Quadratmeter gross ein, ein Doppelzimmer 34 Quadratmeter. Sechs Quadratmeter pro betreute Person müssen es in Aufenthaltsräumen sein. Diese Vorgaben gelten für neue Heime; für bestehende Bauten gilt «Besitzstandswahrung».
Die neue Verordnung gilt ab Januar 2016.