Der Ostschweizer Netzbetreiber liefert nicht nur Strom: Die SAK bauen auch Fotovoltaikanlagen und Wärmepumpen in Privathäuser. Damit konkurrenziert das öffentliche Unternehmen private KMU.
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Wer sich nachhaltig mit Strom und Wärme selbst versorgen will, kann seit einigen Monaten beim Elektrizitätswerk anklopfen: Mit der «Energiemission» beraten, installieren und warten die St. Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke (SAK) Fotovoltaikanlagen, Wärmepumpen und Ladestationen für Elektroautos. Die SAK würden so verschiedene Energieträger und Nutzungen verschmelzen, preist Adriano Tramèr, Leiter Produktion der SAK, das Programm. Die Kraftwerke seien seit Jahren in Strom und Wärme zu Hause. «So liegt es auf der Hand, dass wir unseren Beitrag zur Energiewende leisten.»
Energieberatung oder Einbau von Fotovoltaikanlagen war bisher die Domäne privater KMU. Sie bekommen nun staatliche Konkurrenz: Die SAK gehören zu 100 Prozent den Kantonen St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Innerrhoden. Offiziell geben sich Branchenvertreter gelassen. Die SAK seien ihm noch nie im Weg gestanden, sagt Willy Langenegger von der St. Margrethener Swiss Photovoltaik. Die SAK seien ein weiterer Konkurrent unter vielen, sagt Georges Schaer von der Trogner Schaer Energie. «Bedrängt fühle ich mich aber nicht.»
Doch die staatliche Konkurrenz lockt nicht nur damit, Strom und Wärme aus einer Hand anbieten zu können – das bieten auch andere Unternehmen an. «Wir bieten ein Finanzierungsmodell an, nach dem der Kunde einen Teil der Investitionen als Kredit erhält», sagt Adriano Tramèr. Die SAK schiessen auch die Fördermittel des Bundes vor. «Der Kunde erhält von uns den Betrag schon heute gutgeschrieben.» Dabei dauert es ein bis zwei Jahre, bis Bern die Mittel tatsächlich auszahlt. So lange müssen die SAK auf die Rückzahlung der Vorschüsse warten. «Wir können das nur, weil wir wissen, dass die Mittel kommen. Doch das dürfte sich mit der Zeit ändern. Dann müssen wir natürlich damit aufhören.»
Gute Gründe für Hausbesitzer, mit den SAK energetische Selbstversorger zu werden. Dass man sich beim Gewerbe nicht nur freut über die Konkurrenz, überrascht Tramèr nicht. Die SAK überschritten damit aber nicht ihren Auftrag als kantonales Kraftwerk – im Gegenteil. «Die Eignerstrategie der Kantone verlangt von den SAK sogar, dass wir uns im Bereich der effizienten Energienutzung engagieren.»
Ausserdem gelte die Unternehmensfreiheit – auch für Unternehmen, die Kantonen gehören. Und von den Aktivitäten der SAK profitiere auch das Gewerbe. Fachleute der SAK beraten interessierte Kunden persönlich und erstellen ein konkretes Angebot. Bei der Installation der Anlagen arbeite man aber oft mit Partnerfirmen zusammen. Dabei handelt es sich oft um die Heizplan AG. Sie habe bei vielen Ausschreibungen der SAK für Grossprojekte den Zuschlag bekommen. Das Gamser Unternehmen sei also ein langjähriger Partner, deshalb arbeite man hauptsächlich mit ihm zusammen, sagt Tramèr. Ausschreibungen für einzelne Projekte bei privaten Kunden seien weder vorgeschrieben noch praktikabel. Dafür sind die Aufträge zu klein.
Doch den SAK seien Grenzen gesetzt. Als Netzbetreiber hat das Unternehmen gewisse Vorteile. Diese darf sie in anderen Geschäften nicht ausnutzen. «Das heisst, wir dürfen bei unseren Netzwerkkunden nicht aktiv Werbung für die Energiemission machen.» Ihre Werbebroschüren verschicken die SAK deshalb an Adresskarteien, die sie anderweitig aufgebaut haben. Das sei zwar umständlich, aber nötig. «Das Schaffhauser EKS hatte genau das gemacht», sagt Tramèr. Es verschickte das Angebot für die Solaranlage mit der Stromrechnung – und wurde zurückgepfiffen.
Aber auch die Berner Kraftwerke BKW gerieten in die Kritik. Sie drangen in den letzten Jahren in neue Märkte vor und kauften diverse Gebäudetechnikfirmen auf. Der Berner Gewerbeverband reagierte mit der Kampagne «Fair ist anders», die öffentliche Unternehmen wegen unfairem Wettbewerb anprangert. Diese nutzten ihre Monopolstellung und Kapitalkraft aus – zum Nachteil der privaten Konkurrenz. Die Spiesse seien nicht gleich lang.
Das kritisiert auch Robert Stadler, Vizedirektor der Industrie- und Handelskammer St. Gallen-Appenzell. Einerseits verhielten sich die SAK unternehmerisch, «so wie man das auch will. Gleichzeitig graben sie so privaten Anbietern das Wasser ab.» Das Problem stelle sich überall, wo staatsnahe Unternehmen im freien Markt agierten. «Das führt zu einer Verzerrung des Marktes.» Weiten diese Unternehmen ihre Aktivitäten immer weiter aus, drohe eine schleichende Verstaatlichung. Das Problem sei nicht einfach zu lösen, meint Stadler. Zumindest, solange die Betriebe in der Obhut des Staates bleiben. «Man müsste diese Unternehmen wirklich privatisieren», schlägt er vor. Statt Kantonen oder Gemeinden sollen Private die Aktien übernehmen. «Wenn die Unternehmen gut sind, müssten sich auch Interessenten finden.»