Geschäftsleiter grösserer und mittlerer Unternehmen aus der Region äussern sich ablehnend zur Selbstbestimmungs-Initiative. Internationale Verträge gerieten unnötig unter Druck, was dem Schweizer Wirtschaftsstandort schade.
Grössere und mittlere Unternehmen in der Ostschweiz stellen sich tendenziell gegen die Selbstbestimmungs-Initiative (SBI). Sie folgen damit eher der Wahlempfehlung der Industrie- und Handelskammer St.Gallen-Appenzell sowie jener der grossen nationalen Wirtschaftsverbände. Ausgeschert ist hier nur der St.Galler Gewerbeverband, der sich knapp für ein Ja ausgesprochen hatte.
Hiesige Unternehmer halten sich mit politischen Statements zurück. Der Rücklauf an Antworten auf eine Kurzumfrage zur Selbstbestimmungs-Initiative ist bescheiden ausgefallen. Peter Spuhler beispielsweise sei die ganze Woche ausser Haus, und es sei daher nicht möglich, ein Statement zu liefern, heisst es aus der Stadler-Medienabteilung. Die Heerbrugger SFS-Gruppe lässt immerhin ausrichten, dass die Geschäftsleitung grundsätzlich die Haltung des Bundesrats vertritt, aber auf eine detaillierte Stellungnahme verzichtet. Andere grössere und mittlere Unternehmen aus der Ostschweiz wollten ebenfalls keine Stellung beziehen oder haben gar nicht erst auf unsere Anfrage reagiert.
Auch Silvan Wildhaber äusserte sich bisher nicht öffentlich zu politischen Vorlagen. Er ist CEO der St.Galler Filtex AG, eines Textilunternehmens, das sich in der Vergangenheit immer mehr auf afrikanische Märkte spezialisiert hat. «Sonst mische ich mich nicht ein, aber bei der SBI mache ich eine Ausnahme», sagt Wildhaber. Er positioniert sich klar gegen das Volksbegehren. «Es gibt internationale Verträge. Diese sind mit der Initiative rückwirkend in Frage gestellt. Das gibt eine grosse Rechtsunsicherheit.» Den Initianten gehe es letztlich einzig um die Kündigung der Personenfreizügigkeit. Aber für Staaten gelte dasselbe wie für Unternehmen: Verträge sind verbindlich. «Sonst arbeitet irgendwann niemand mehr mit uns», so Wildhaber. «Die Bevölkerung muss verstehen, dass unser Wohlstand nicht vom Binnenmarkt kommt, sondern im Wesentlichen von unseren international vernetzten Unternehmen und deren Exporten.»
Ähnlich tönt es bei Stefan Scheiber, CEO der Bühler-Gruppe in Uzwil. «Als exportorientiertes Unternehmen ist Bühler auf stabile Rechtsverhältnisse mit anderen Ländern angewiesen.» Mit einer Annahme der Selbstbestimmungs-Initiative stünde aber die internationale Verlässlichkeit der Schweiz auf dem Spiel. Dies würde zu einer weiteren Verschlechterung der Standortvorteile der Schweiz führen und sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Exportunternehmen auswirken, so Scheiber.
«Was würde man von Unternehmen halten, welche Verträge nicht einhalten?», fragt Daniel Senn, Mitglied der Geschäftsleitung des Softwareunternehmens Abacus in Wittenbach. Die Schweiz übernehme in gewissen Bereichen EU-Recht automatisch in unser Landesrecht, da habe die SBI ohnehin keine Wirkung. Die SBI gefährde aber viele Wirtschafts- und Freihandelsverträge und schade damit der Wirtschaft. «Zusammengefasst: Hier handelt es sich nicht um eine Selbstbestimmungs-Initiative», so Senn. «Sie ist viel eher eine Selbstzerstörungs-Initiative.»