Schweizer Studenten gehen seltener ins Ausland

Erasmus soll Europas Studenten mobil machen, ihnen Auslandaufenthalte ermöglichen, ohne dabei die Studienzeit zu verlängern. Die Studenten weilen zwar im Ausland, bleiben aber an ihrer Heimuniversität eingeschrieben.

Drucken

Erasmus soll Europas Studenten mobil machen, ihnen Auslandaufenthalte ermöglichen, ohne dabei die Studienzeit zu verlängern. Die Studenten weilen zwar im Ausland, bleiben aber an ihrer Heimuniversität eingeschrieben. Wenn sie zurückkehren, sollen die besuchten Kurse vollständig angerechnet werden. Soweit die Theorie. Doch die Praxis zeigt: Selbst nach 25 Jahren Erasmus verweigern noch immer viele Universitäten ihren Studenten die volle Anerkennung der Leistungen. Auch der 1999 von den europäischen Bildungsministern lancierte Bologna-Prozess, der die Ausbildung an den Universitäten vereinheitlichen soll, konnte die Anerkennungsprobleme nicht lösen.

ESN fordert bessere Information

Bei einer Umfrage von ESN, einem Netzwerk von Erasmus-Studenten, gaben 73,1 Prozent der Befragten an, dass ihre Leistungen voll anerkannt wurden. In der Schweiz ist dieser Wert wesentlich kleiner, wie eine Studie des Bundesamts für Statistik (BfS) zeigt: Nur gerade 50,8 Prozent der Studenten erhielten für sämtliche Leistungen die vorgesehene Punktzahl. Laut Irene Forzoni, Präsidentin von ESN Schweiz, ist die fehlende Anerkennung der Leistungen «eines der grössten Probleme im Zusammenhang mit dem Erasmus-Programm. Dazu kommt, dass Noten oftmals nicht übernommen, sondern umgerechnet werden – so werden Leistungen verwässert, die Unsicherheit für die Studenten steigt.» Forzoni fordert, dass bereits vor dem Auslandaufenthalt genau abgesprochen und schriftlich fixiert wird, welche Leistungen angerechnet werden. «Es gibt klare Regeln, aber sie müssen auch befolgt werden. Die Universitäten müssen besser informieren, die Studenten genauer nachfragen.»

Die Bemühungen der EU, in Zukunft noch mehr Studenten zur Teilnahme am Erasmus-Programm zu bewegen, begrüsst Forzoni, fordert aber gleichzeitig: «Man muss die Anerkennung von Leistungen und Noten verbessern. Neben der Quantität muss auch die Qualität der Aufenthalte steigen.»

Kosten schrecken ab

Die Zahl der Schweizer Erasmus-Studenten ist in den vergangenen Jahren stetig angestiegen. Im Jahr 2001/02 nutzten 1262 Schweizer das Programm, im Jahr 2009/10 waren es 2189. Trotzdem hinkt die Schweiz in Sachen Mobilität ihrer Hochschulabsolventen im europäischen Vergleich hinterher: 6,3 Prozent der Studenten haben einen Aufenthalt im Ausland absolviert. In Holland oder Dänemark ist dieser Anteil doppelt so hoch. Die meisten Schweizer Studenten scheuen laut der Studie den Schritt ins Ausland wegen der Kosten und der Verlängerung der Studiendauer. Daneben geben viele den Zeitaufwand für die Organisation als Hindernis an. (dow)