Als Betroffener ist es ja nicht so lustig. Was aber diese Pflanze kann, stellt manches Ballerspiel am Bildschirm kalt, bevor der Knopf am Joystick gedrückt wird.
Als Betroffener ist es ja nicht so lustig. Was aber diese Pflanze kann, stellt manches Ballerspiel am Bildschirm kalt, bevor der Knopf am Joystick gedrückt wird.
Die Pflanze sieht harmlos aus, hat es aber in sich! Ampullenförmige «Tanks» enthalten Tausende Speere sowie eine Säure. Durch Druck auf diese Ampullen explodieren diese und schleudern Tausende Nadeln, die mit Säure umgeben sind, in die Haut oder fataler, beim Kauen in die Mundschleimhaut. Natürlich hat die Pflanze nicht nur eine Ampulle, sondern Tausende. Die Konstruktion der Pfeile ist so genial wie ein Giftzahn einer Schlange, eine Rinne im Pfeil ermöglicht die Verteilung des Giftes. Schwere Schwellungen sind die Folge, das Opfer wird die Pflanze nicht so schnell vergessen. Natürlich sind die Torpedos der Dieffenbachia, so heisst das Gewächs für die Wohnung, winzig klein, circa ein viertel Millimeter. Aber effizient! Das «Gift», Salze der Oxalsäure, essen wir anderweitig mit Genuss ohne Schaden, zum Beispiel mit Rhabarber oder Kuckucksklee. Die Pflanze bringt es aber dorthin, wo es hoch wirksam ist. Als ich das vor zwanzig Jahren las, dachte ich mir, das wäre doch ein Stoff für einen Krimi im Geheimdienstmilieu. Die Realität hat diese Idee schon längst überholt.
Giftige Pflanzen verunsichern gerade Eltern stark. Wie Paracelsus schon sagte, ist die Gefährlichkeit eine Frage der Dosis. Giftpflanzen spielen bei Kindern nur etwa in 10 Prozent der Vergiftungen eine Rolle. Das ist kein Trost für die Betroffenen. Es ist aber pädagogisch nicht sinnvoll, aus Angst vor Vergiftungen den Erfahrungsraum der Kinder einzuschränken, wie es aus welchen Gründen auch immer heute in unverständlichem Masse passiert. «Me Dräck» wäre auch bei Kindern ein Gebot der Stunde. Und, ich weiss, ein alter Zopf: Naturkunde!
Ob aus Unwissenheit oder Sorglosigkeit oder beidem steht in einem Kindergartenhof im Rheintal ein grosser Goldregenbaum. Haben Sie je von Goldregenvergiftungen gehört? Die können auch tödlich enden. Aber – schliessen sie zu Hause alle Putzmittel, alle Kosmetika, alle Benzinkanister, scharfe Chili, wenn vorhanden alle Schnäpse oder Sixpacks schön säuberlich ein, die Spielwaren mit Weichmachern und toxischen Farben sowieso? Warum aber das «Gschess» mit Pflanzen? Spielt da vielleicht noch im Unterbewusstsein eine Geschichte aus dem Paradies mit, oder aus der Hexenzeit?
Giftpflanzen zeigen mir die Potenz von Pflanzen auf, in einem etwas anderen Milieu. Wenn sich Wohlstandsjunkies aus Engelstrompeten einen Freitagabendtee machen und dann der eine oder andere zu viel erwischt oder als Grasersatz Hortensienblüten raucht und sich dabei wegen der Blausäure nicht mehr so krass heavy fühlt, so ist das nicht das, was mich fasziniert an diesen giftigen Pflanzen. Zu wissen, wie viel Potenz in meinem Garten vorhanden ist, schon.