Polizei wusste von der Waffe

Im Fall des Altstätter Schützen sieht sich die Kapo dem Vorwurf ausgesetzt, nicht auf Hinweise zur Gefährlichkeit des Mannes reagiert zu haben. Nun erklärt sie sich.

Daniel Walt
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ALTSTÄTTEN. «Der Sachbearbeiter der Kantonspolizei sah aufgrund der gesamten Umstände keine Veranlassung für eine sofortige Intervention. Eine solche Einschätzung ist in Anbetracht des damaligen Wissensstandes nachvollziehbar.» Das schreibt die Kantonspolizei St. Gallen in einem Communiqué zum Fall der Schiesserei vom vergangenen Donnerstagabend in Altstätten. Damit reagiert sie auf den Vorwurf, dem 31-jährigen mutmasslichen Täter das Sturmgewehr der Armee nicht rechtzeitig abgenommen zu haben.

«Nicht ernst genommen»

Trägt die Polizei eine Mitverantwortung dafür, dass der 31-jährige Mann in seiner Wohnung einen 24-Jährigen mit Schüssen schwer verletzt hat? Ein erstes Mal stellte sich die Frage, als ein Bekannter des Opfers unserer Zeitung zu Protokoll gab, der Mann sei einige Tage vor der Tat mit einem Gewehr durchs Städtli gelaufen. Dieser Vorfall sei der Polizei gemeldet worden. Weiter ins Blickfeld geriet die Polizei durch die SF-Sendung «Schweiz aktuell» vom Montagabend. Darin sagte ein Mann aus, er habe dem Polizeiposten Altstätten vor rund zwei Wochen gemeldet, dass der 31-Jährige ein geladenes Sturmgewehr daheim habe und unberechenbar sei. Ernst genommen habe er sich nicht gefühlt. Zudem wurde bekannt, dass eine Frau im März Anzeige gegen den Mann wegen Stalking und Nötigung erstattet hatte.

Im TV-Bericht suggerierten Aussagen eines Polizeisprechers, die Polizei habe nichts vom Sturmgewehr beim 31-Jährigen gewusst. Gestern nun bestätigte die Polizei, ihr sei es bekannt gewesen, dass der 31-Jährige über eine Waffe verfügen soll.

Sie habe beiläufig den Hinweis erhalten, dass er ein Gewehr besitze. Eine Anzeige sei aber nicht eingegangen. Zum Verfahren wegen Stalking und Nötigung, das gegen den Mann läuft, präzisiert Polizei-Medienchef Hanspeter Krüsi: «Keine der befragten Personen erklärte, es seien vom Mann Todesdrohungen ausgestossen worden. Es ging um andere Drohungen.» Von einer Meldung, dass der Mann mit einer Waffe im Städtli unterwegs gewesen sei, weiss Krüsi nichts.

Voraussetzungen nicht da

Die Polizei hält zwar fest, dass sie eine Dienstwaffe einziehen könne – «allerdings müsste eine hohe Dringlichkeit beziehungsweise ein grosses Gefährdungspotenzial bestehen». Dieses sah sie damals als nicht gegeben an. Sie führt dazu auch eine Aussage eines Armeesprechers an, wonach der 31-Jährige nicht als gefährlich gemeldet worden sei. Deshalb sei der Waffenentzug nicht prioritär behandelt worden. Der Mann hatte 2006 in den Zivildienst gewechselt und die Waffe seither nicht abgegeben.