Nashornvögel gesucht – zu grosses Risiko eingegangen

Bei dem gestern entführten Ostschweizer handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um den Gruber Lorenzo Vinciguerra. Auf den Philippinen wollte er seltene Vögel fotografieren.

Markus Wehrli/Julia Nehmiz
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Lorenzo Vinciguerra: 2009 bei der Arbeit in seinem Präparationsatelier. (Bild: Ralph Ribi)

Lorenzo Vinciguerra: 2009 bei der Arbeit in seinem Präparationsatelier. (Bild: Ralph Ribi)

GRUB SG. Alle haben davon gehört, aber niemand hat Gewissheit. Der auf den Philippinen entführte Schweizer könnte der Gruber Lorenzo Vinciguerra sein. Vieles deutet darauf hin – das weiss auch Gemeindepräsident Markus Peter, der von Medienanrufen regelrecht belagert wird. Bestätigen kann er aber nichts. Auch das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) gibt sich zugeknöpft. Ein entscheidender Hinweis kommt von Toni Bürgin, dem Direktor des Naturmuseums St. Gallen: «Lorenzo Vinciguerra wollte zusammen mit einem holländischen Kollegen auf die Philippinen reisen, um im Nationalpark seltene Vögel zu fotografieren. Auf die Nashornvögel hat er sich spezialisiert.»

Opfer ist zweifacher Vater

Vinciguerra arbeitet seit mehreren Jahren als Tierpräparator im Naturmuseum St. Gallen. Zuhause in Grub betreibt er seit 2003 ein eigenes Präparationsatelier. Vinciguerra ist verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von sechs und vier Jahren. Auf seiner Homepage schreibt der 47-Jährige, dass seine Frau ihn gerne auf Reisen begleite – was diesmal glücklicherweise nicht der Fall war.

Seine Leidenschaft für spektakuläre Tieraufnahmen scheinen dem Hobbyornithologen zum Verhängnis geworden zu sein. Die Umstände seiner Entführung sind dramatisch. Nach Angaben lokaler Behörden war er zusammen mit einem Holländer und dem einheimischen Reisebegleiter auf der Rückfahrt von einer 14-tägigen Vogelbeobachtungstour im Sulu-Archipel. Ihr Boot wurde von fünf schwerbewaffneten Männern geentert. An Bord befanden sich mehrere Personen. Philippinischen Medien zufolge hatten es die Geiselnehmer gezielt auf die Touristen und ihren Reisebegleiter abgesehen – andere Passagiere mussten ins Wasser springen.

Motiv der Entführer unklar

Über die Identität der Entführer war bis gestern nichts bekannt. Das Gebiet gilt aber wegen islamistischer Terroristen als gefährlich. Das EDA warnt ausdrücklich vor Besuchen des gesamten Sulu-Archipels. Unter anderem wurden dort 2009 drei Angehörige des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes entführt.

Vor diesem Hintergrund erstaunt, dass sich Lorenzo Vinciguerra in das Gebiet gewagt hat. Wie Toni Bürgin Medien gegenüber erklärt, sei der Gruber Familienvater kein Draufgänger. Vielmehr schätze er Vinciguerra als umsichtigen Menschen ein.