Liebkosungen aus dem Elend

«Philosokomiker» Peter Spielbauer hat am Freitagabend sein neues Programm «Alles Bürste» als Premiere im Diogenes-Theater gezeigt – und brilliert.

Drucken
Bürsten hier und Bürsten dort: Gemäss Spielbauer ist der Tisch eine Bürste mit vier stabilen Borsten und selbst die Sonne kann als Bürste durchgehen. (Bild: pd)

Bürsten hier und Bürsten dort: Gemäss Spielbauer ist der Tisch eine Bürste mit vier stabilen Borsten und selbst die Sonne kann als Bürste durchgehen. (Bild: pd)

ALTSTÄTTEN. Peter Spielbauer knüpft auf wunderbare Weise an seiner bisherigen Arbeit an und entwickelt sie weiter. Seine Gedankengänge sind genauso genial wie überraschend. Immer wieder verlässt er die üblichen Bahnen, begibt sich auf Abwege, irrt im eigenen Gehirn umher, sucht: Da muss doch etwas sein!

Fahrt durch Spielbauers Gehirn

Wenn Peter Spielbauer auf der Bühne steht, muss das Publikum alle Gehirnwindungen sportlich offen halten und höchste Flexibilität an den Tag legen – denn dieser lange deutsche «Philosokomiker» fordert heraus. Scheinbares Nonsense-Gebrabbel entwickelt sich plötzlich zu genialen Ergüssen. Das erfordert Aufmerksamkeit, um ja den Anschluss auf den Gedankenfäden nicht zu verlieren. Geschieht dies doch – kann das Publikum Spielbauers durchaus absurden Denkwegen nicht folgen – so holt er einen liebevoll mit einem Beispiel ab. Und weil die Freude am Beispiel gross ist, folgen weitere, immer kuriosere – und schon ist Spielbauer wieder unterwegs zu einem neuen Einfall, einer neuen Verknüpfung.

Politischer und kritischer

Gestartet beim scheinbar banalen Bodenwischen philosophiert er plötzlich über die Vereinigung der drei grossen monotheistischen Weltreligionen, um kurz darauf mit physikalischen Zusammenhängen aus dem gesamten Universum zu verblüffen. Doch Peter Spielbauer ist nicht nur auf hoher Flughöhe unterwegs: Wähnte man sich gerade noch in der Komfortzone – schön distanziert die Welt betrachtend – dringt er plötzlich vor ins Elend der Menschheit. Peter Spielbauer erklärt das Zusammenspiel von Weltbank und Armut, von Zinsen und dem Teufelskreis der Abhängigkeit. Im neuen Programm «Alles Bürste» prangert der «Philosokomiker» durchaus auch an. Politischer sind seine Aussagen, die Gesellschaftskritik ist konkreter und tut weh.

Premierenfeier inklusive

Doch Spielbauer wäre nicht Spielbauer, wenn er das Publikum nicht mit philosophischen Liebkosungen aus dem Elend herausführen könnte und am Schluss gar die letzte Hoffnung aufzeigt: die Reinkarnation.

Das Diogenes-Theater lud das Premieren-Publikum im Anschluss an die Vorstellung zur Feier ein: Im «Diogenes»-Atelier im Obergeschoss des Theaterhauses stiess man auf die gelungene Erstaufführung an, tauschte sich aus über das Gesehene, konnte auch dem Künstler eine Rückmeldung geben. Dass Peter Spielbauer ein Künstler von hoher Klasse ist zeigte sich auch daran, dass Nadja Stieger vom Komiker-Duo Ursus und Nadeschkin sowie die Redaktorin der SRF-Satiresendung «Spass partout» angereist waren, um «Alles Bürste» bei der ersten Gelegenheit zu sehen. (pd)