OBERRIET. Die am Rand der Deponie Unterkobel ausgegrabenen archäologischen Funde sollen die nächsten Jahre für 770 000 Franken detailliert ausgewertet werden. 405 000 Franken für einen ersten Teil übernimmt der Lotteriefonds.
Vom Luchsunterkiefer über Reste von Steinwerkzeugen und Keramikscherben bis zur römischen Münze: Über 20 000 Fundstücke haben Archäologen in den Jahren 2011 und 2012 auf der Grabungsstelle am Rand der Deponie Unterkobel freigelegt. Diese Funde gilt es nun auszuwerten. Vier Jahre wird man dafür benötigen und 770 000 Franken. Für einen ersten Teil der Arbeiten hat der Kantonsrat am Dienstag 405 000 Franken aus dem Lotteriefonds zur Verfügung gestellt.
Seit 1941 auf einem Acker ein Gefäss mit 1200 Silbermünzen aus der Römerzeit gefunden wurde, gilt die Gemeinde Oberriet als wichtiger archäologischer Fundort, der Licht ins Dunkel unserer eigenen Geschichte bringt. Eine weitere archäologische Fundstelle am Rand der Deponie Unterkobel macht Oberriet für die Historiker noch bedeutender. Für die frühe Geschichte des Rheintals sei sie von eminenter Bedeutung, heisst es in der regierungsrätlichen Botschaft zum Lotteriefondsbeitrag.
Entdeckt hatte die Fundstelle unter einem Felsvorsprung der Widnauer Architekt und passionierte Laienarchäologe Spallo Kolb. Eine Gruppe Archäologen unter der Leitung von Fabio Wegmüller von der Universität Basel hat dann im Auftrag der Kantonsarchäologie St. Gallen 130 m3 Erd-, Asche- und Schuttschichten Zentimeter um Zentimeter von Hand abgetragen.
Zuoberst fand man einzelne Überreste aus der Römerzeit und der Eisenzeit. Darunter lagen ergiebigere Schichten, in denen man 2700 Keramikfragmente und über 5000 Knochen aus der Bronzezeit antraf. Eineinhalb Meter weiter hinab legten die Altertumsforscher Asche- und Holzkohleschichten – Reste von Feuerstellen – aus der jüngeren Steinzeit frei. Hier fiel die Funddichte mit knapp 40 Keramikfragmenten und etwa 3000 Tierknochen geringer aus. Die ältesten Fundstücke zuunterst, rund 700 Steinartefakte und mehrere Tausend Tierknochen, sind bis um die 10 000 Jahre alt und werden damit der frühen Mittelsteinzeit zugerechnet.
Damit hat man längst nicht alles ausgegraben, was wohl zu finden gewesen wäre. Die Archäologen beschränkten sich auf die Mitte des überdachten Plateaus, wo die Erdschichten mit viereinhalb Metern zudem am mächtigsten waren. Die Grabung war so breit, wie zwei Gerüstbretter lang sind. Damit hat man etwa einen Drittel des Bereichs abgetragen, wo mit Fundstücken zu rechnen war. Danach wurde die Fundstelle mit Geotextilien abgedeckt und zugeschüttet.
Mit den 405 000 Franken aus dem Lotteriefonds wird man die gefundenen Keramik- und Steinobjekte untersuchen. Auch jahrtausendealte Pflanzenreste und Holzkohle wird man analysieren. Die Knochenfunde wird man in einem zweiten, 264 000 Franken teuren Teilprojekt untersuchen. Zu dessen Finanzierung wird ein dreijähriges Projekt beim Schweizerischen Nationalfonds beantragt. In einem dritten Teilprojekt will man ein Pollenprofil erarbeiten. Die gut 100 000 Franken hierfür hofft man über Beiträge von Dritten finanzieren zu können. In diesen 770 000 Franken noch nicht inbegriffen sind die Kosten für die grafische Aufbereitung und Publikation der Untersuchungsergebnisse.