Bei Rettungsschwimmern kommt mir als Erstes die amerikanische Fernsehserie Baywatch in den Sinn. Nun, mit 20 Kilo übrigem Gewicht habe ich ja nicht gerade die Figur eines David Hasselhoff. In der SLRG Sektion Mittelrheintal sieht man gnädig darüber hinweg.
Bei Rettungsschwimmern kommt mir als Erstes die amerikanische Fernsehserie Baywatch in den Sinn. Nun, mit 20 Kilo übrigem Gewicht habe ich ja nicht gerade die Figur eines David Hasselhoff. In der SLRG Sektion Mittelrheintal sieht man gnädig darüber hinweg. «Darauf kommt's nicht an», sagt Andrea Züst, «wasserscheu sollte man aber nicht gerade sein, und tauchen sollte man auch können.» «Letztlich ist alles Übungssache», sagt Katja Rodi.
Der Beginn des Trainings stellt mich bereits auf die Probe. «Einfach ein wenig schwimmen», meint Andrea Züsts Schwester Beatrice, welche Vizepräsidentin des Vereins ist. Immerhin: Ich geh nicht unter. Als zweiter Remo Lütolf erweise ich mich aber nicht gerade: Ich hab mich kaum bis zur Hälfte des 50-Meter-Beckens vorgerudert, da kommt mir Andrea Esteban bereits wieder entgegen.
Es ist eine kleine Truppe, die an diesem schönen Sommerabend Anfang Juli im Freibad in Widnau trainiert. Neben Andrea und Beatrice Züst aus Heiden, Andrea Esteban aus Rebstein und Katja Rodi aus Widnau ist noch Isabelle Kehl aus Eichberg gekommen. Die andern sind an diesem Abend verhindert oder schon in den Ferien.
Bei den ersten Rettungsübungen vom Ufer aus bin ich top. Man sagt mir zwar, es sei zu Beginn nicht einfach, den in ein Seilnetz geflochtenen Styroporwürfel einem in Not Geratenen so genau zuzuwerfen, dass dieser es ergreifen kann. Am Seil, das am Wurfkörper hängt, zieht man den zu Rettenden ans Ufer. Ich schaff's beim ersten Anlauf, auch mit dem Wurfsack, der nach demselben Prinzip funktioniert. Und niemand hat eine Beule davongetragen, weil ich ihn am Kopf getroffen hätte. Da dürften meine Schützenqualitäten hilfreich gewesen sein.
Solche Wurfsäcke oder Styroporwürfel hängen in fast jedem Freibad. Nicht ohne Grund: «Das Dümmste, was man tun kann, um jemanden zu retten, der zu ertrinken droht und wild um sich schlägt, ist, einfach zu ihm ins Wasser zu springen und zu versuchen, ihn herauszuholen», erklärt Isabelle Kehl. In seiner Panik werde der in Not Geratene sich an einen klammern. «Dann ist man manövrierunfähig – und droht mit zu ertrinken.»
Auch mit Rettungsbojen, wie man sie aus Baywatch kennt, üben die Rheintaler Rettungsschwimmer. Beatrice Züst bevorzugt allerdings das australische Pendant: «Die australische Rettungsboje ist länger und flexibel», sagt sie. Zur Demonstration markiert Katja Rodi die Ertrinkende. Beatrice Züst schwimmt mit einer solchen Boje hinaus, schlingt diese um die regungslos im Wasser treibende Katja Rodi und fixiert sie. Dann schwimmt Beatrice Züst Katja Rodi mit sich ziehend an den Rand des Schwimmbeckens.
Eine der Hauptaufgaben der SLRG-Sektionen ist die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern, Pfadi- und Jungscharleitern, Behindertenbetreuern und anderen mehr. Jeder, der mit Kindern oder auch als Leiter einer Erwachsenengruppe schwimmen geht, muss eine Rettungsschwimmer-Ausbildung absolviert haben. Früher galt ein einmal erlangtes Brevet ein Leben lang. Heute werden regelmässig Wiederholungskurse verlangt. Für die SLRG-Sektion Mittelrheintal bedeutet dies mehr Arbeit, es steigert aber auch die Chancen, mehr Menschen vor dem Ertrinkungstod zu bewahren. Letztes Jahr sind in der Schweiz immerhin 43 Menschen ertrunken.
Nun setzt man das Training im Natursee der Widnauer Badi fort. Hier übt man das Retten mit dem «Hawaikiki-Brett», einer Rettungsplanke, das einem Surfbrett ähnelt. Isabelle Kehl zeigt, wie's geht: Sie schwingt sich auf das Brett, rudert mit den Armen zum in Not Geratenen hin, dann gleitet sie ins Wasser zurück, lässt den Hilfesuchenden sich am Brett festhalten und kippt das Brett unter diesen und hievt ihn so gleichzeitig auf das Brett hinauf.
Das will ich auch ausprobieren. Ich scheitere aber schon an der Handhabung des Brettes. Ich schaff es wohl hinauf – rutsche aber gleich auf der andern Seite wieder ins Wasser und komm mir so ungeschickt vor wie ein Greenhorn aus einem alten Western, das beim ersten Aufsteigen aufs Ross gleich auf die andere Seite wieder aus dem Sattel fällt. Weil ich zum Retter mit solchem Werkzeug offenbar nicht tauge, darf ich jetzt der in Not Geratene sein. Isabelle Kehl demonstriert souverän, dass man mit etwas Übung auch jemanden auf die Rettungsplanke bringt, der Dutzende Kilos mehr wiegt als man selber.
Zum Abschluss des Trainings wechselt man noch ins tiefe Becken unter dem Sprungturm. Hier gilt es, eine gut zur Hälfte mit Wasser gefüllte Übungspuppe vom Grund des Beckens zu holen. Ich überlass das den Profis. Man soll's zum Anfang ja nicht übertreiben.
Max Tinner