Eine «Grossmueterpflanza»

Am Wochenende war Geburtstagstermin. Rabatz allenthalben, das Haus Abenteuerspielplatz für Mengen von Grosskindern. Inmitten des Trubels das Geburtstagskind, kein Kind mehr, auch kein holder Knabe im lockigen Haar. Und da stand auch eine Clivie.

Urs Stieger Berneck, Www.u-Stieger.com
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Am Wochenende war Geburtstagstermin. Rabatz allenthalben, das Haus Abenteuerspielplatz für Mengen von Grosskindern. Inmitten des Trubels das Geburtstagskind, kein Kind mehr, auch kein holder Knabe im lockigen Haar. Und da stand auch eine Clivie.

Zu einem Geburtstag vor vielen Jahren, im Haus gab's noch keine Enkel, schenkte mir meine Frau eine Clivie. Eine Beleidigung eigentlich. So alt war ich ja noch nicht, die Clivie aber in meiner Vorstellung der Inbegriff der Pflanze, die alte Frauen ins kalte Treppenhaus stellten und dann dort dem Staub der Zeiten überliessen. Ich hatte ja edleres Gewächs, Orchideen und Tillandsien. Geliebt habe ich sie nie, die Clivie. Jedes Frühjahr in den Garten gestellt und, wie gnädig von mir, bekam sie manchmal etwas Wasser und Dünger. Und jedes Jahr stellte sie zweimal von Grün auf Rot: Sie blühte. Und wie!

An meinem Geburtstag blühte sie. Aber an Weihnachten war sie Dekoration für die Krippe und blühte damals schon. Im Sommer wird sie wieder mit den Rosen konkurrieren. Und dann, wenn jene schon lange verdorrt sind, ihre zweiten Blütenstände zwischen den flachen Blättern herausschieben.

Heute habe ich Respekt vor dieser Pflanze. Nicht, weil ich als Grossvater in Vielzahl das entsprechende Accessoire brauche. Frischverliebt sein ist eine hormonelle Angelegenheit, wachsende Zuneigung eine Leistung! Beiderseits.

Die Clivie (Clivia miniata), das Riemenblatt stammt wie Unmengen von Zierpflanzen aus Südafrika. In Südafrika wachsen mehr Pflanzenarten als sonst irgendwo auf der Welt, 20 000! Dafür gibt es fast keinen Wald. Neben Tausenden von Zwiebelpflanzen wachsen inzwischen zum Beispiel Duftpelargonien oder Strelitzien («Flamingoblumen») auf der ganzen Welt. Vor Jahren habe ich aus Samen Strelizia nicolai gezogen, die inzwischen mehrere Meter hoch ist und halbmetrige Blütenstände macht.

Als die Häuser noch kühle oder kalte Räume hatten, wurden Clivien dort aufgestellt. Wenn sie zu warm haben, blühen sie nicht. Bei uns funktioniert es aber mit folgender Behandlung hervorragend: Hell ohne Sonne, im Mai kommt sie ins Freie (geht auch auf dem Balkon), wo sie in der Abendsonne steht. Dort bleibt sie bis Oktober oder sogar November und bekommt ab September kein Wasser mehr, auch keinen Unterteller. Vom Regen wird sie genug feucht. Über den Winter steht sie hell im Haus, fast ohne Wasser (Regenwasser!) und blüht und blüht. Von Vorteil ist, den Topf zu markieren und ihn immer gleich in das Licht zu stellen

Die Blumenindustrie bringt momentan Massen von Clivia in die Verkaufsregale. Gönnen Sie sich eine. Auch wenn Sie nicht «Grossmueter» oder wie ich, Grossvater sind.