In Flawil stieg am Wochenende die grösste LAN-Party der Ostschweiz. Knapp 130 Computerfreaks nahmen daran teil.
FLAWIL. Wer als über 40-Jähriger am Samstagabend gegen 21 Uhr den «Linden»-Saal in Flawil betritt, fühlt sich gleichzeitig so uralt wie deplatziert. Denn knapp 130 Computerfreaks – oder soll man sie Computer-Sportler nennen? – haben sich dort eingefunden, um sich gemeinsam bei der grössten LAN-Party des Kantons St. Gallen einzeln oder in Teams zu messen.
LAN-Party? Was genau war das schon wieder? Das Internet hilft und beschreibt das Happening als einen Zusammenschluss von privaten Computern, die durch ein vom Veranstalter gestelltes Netzwerk, auch Local Area Network genannt, verbunden werden.
Vor einem halben Leben, also irgendwann in den 1990ern, brauchte es einen geschickten Onkel oder einen hochbegabten Freund, der die damals supertrendigen LANs im privaten Kreis zusammenbastelte. Die Spiele hiessen damals beispielsweise Command & Conquer, waren relativ simpel aufgebaut, machten aber genauso viel Spass wie die aktuellen Grafikwunder und 3D-Programmierkunstwerke. Wer 20 Jahre keine LAN mehr besucht hat, lernt schnell, dass die Zeit im Hyperraum stehengeblieben ist. Dass die Teilnehmenden ihre Computer und Laptops noch immer selber mitbringen und ihre Netzwerkkabel in den diversen «Switches» verstöpseln. Und wer sich diesem sozial so unkomplizierten Ort unverhofft nach einer Ewigkeit wieder annähert, muss feststellen, dass die Worte der Vergangenheit ausgedient haben. Spiele nennt man heute anscheinend «Maps» und Akronyme wie «LoL» für das Spiel «League of Legends» sollen den Insider vom Freizeitbeobachter abgrenzen.
Ansonsten hat sich bis auf die Qualität der Games – sorry, Maps – nichts, aber auch wirklich gar nichts verändert. Noch immer türmen sich auf den Tischen der Angemeldeten (darunter vier junge Frauen) dutzendweise Red-Bull-Büchsen, um der weltlichen Müdigkeit in der Unendlichkeit des digitalen Hyperraums zu trotzen. Dazu gibt es allerlei Trashfood. Wer hier von Freitag bis Sonntag 72 Stunden durchhalten will, braucht nicht nur ausgezeichnete Spielfähigkeiten, sondern vor allem einen enorm belastbaren Magen. An den Wänden des Saals haben die Teilnehmenden ihre Schlafmatten und aufblasbaren Matratzen aufgetürmt. Im offiziellen Schlafsaal erholen sich am Samstagabend noch vor 22 Uhr bereits die ersten Erschöpften. Schiedsrichter sucht man bei diesem «Sport» übrigens vergeblich. «Die Gamer sind ausserordentlich fair, so etwas brauchen wir nicht», erklärt Veranstalter Elias Schwarz aus Wittenbach. Mit der linken Hand nimmt er ein Spielresultat entgegen, mit der rechten Hand begleicht er die Rechnung des Caterings, das erneut Pizza und Kebabs in den Saal bringt.
Beim Abschied beschleicht einem das Gefühl einer nicht ganz ausgelebten Jugend. Und irgendwie – bei aller Absurdität dieser Gegenwelt – der Wunsch, doch auch wieder einmal zu versinken. Das bürgerliche Leben auszublenden, ganz und gar – es müssen ja auch keine 72 Stunden sein.