David schätzt seinen Kater

Vor neun Jahren hat es mich ins Rheintal verschlagen, weil mir «Der Rheintaler» eine Stelle als Sportredaktor angeboten hatte. Ich bin in Rehetobel aufgewachsen, und habe später in St. Gallen und Rapperswil gewohnt. Vom Rheintaler Fussball waren mir gerade zwei Dinge bekannt: Beim FC Widnau hiess der Trainer damals Hanspeter Zwicker, als der ich als Kind beim Tschutten nach der Schule jeweils aufgelaufen war – und der FC Altstätten hat mal in der Nationalliga B gespielt.

Erster Besuch auf der Gesa

Gestern vor 30 Jahren ist der FC Altstätten in seine einzige NLB-Saison gestartet (vgl. Text von gestern) Weil meine Grossmutter aus Altstätten stammt, konnte ich sie damals überreden, mit mir in Altstätten einen Match zu besuchen – es war der erste und einzige Fussballmatch, den sie je besucht hat. Als Achtjähriger stand ich erstmals auf der Gesa. Altstätten spielte gegen Biel, und Altstätten hat verloren. Viel mehr weiss ich von diesem Ausflug nicht mehr – aber er hat gereicht, dass ich die Resultate des FC Altstätten noch Jahre später verfolgt habe (irgendwann ist der FCA dann aber aus meinem Radar verschwunden). Die Niederlage hatte mich zwar sicherlich enttäuscht – aber ich hatte von meinen häufigen Besuchen im Espenmoos schon gelernt, dass das Verlieren zum Fussball gehört.

Leuchten in den Augen

20 Jahre danach habe ich den FC Altstätten als Journalist näher kennengelernt. Der FCA ist ein anderer Verein als damals. Aber noch immer sehe ich das Leuchten in den Augen der Altstätter und spüre ihren Stolz, wenn sie von dieser Zeit sprechen. Die Jahre an der 1.-Liga-Spitze und in der NLB vermittelten ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das noch heute anhält. Das ist das zeitlos Schöne im Sport: Es ist möglich, dass David Goliath herausfordert. Und wenn das passiert, leben die Erinnerungen daran mindestens so lange wie es die Zeitzeugen tun.

Da spielt es keine Rolle, dass nach den zehn Jubeljahren ein etwa gleich lang anhaltender Kater den FC Altstätten befiel. Im Gegenteil: Wer den Kater nicht schätzt, ist zum Trinken nicht geeignet. Das habe ich nicht von meiner Grossmutter gelernt. Yves Solenthaler