Beschwingter Start ins neue Jahrzehnt

Wer nicht eine halbe Stunde vor Konzertbeginn da war, musste mit einem Stehplatz vorliebnehmen in der Pfarrkirche Oberegg. Das Neujahrskonzert war ein toller Erfolg.

Rolf Rechsteiner
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Oberegg. Es bot sich ein ungewohntes Bild zwanzig Minuten vor Konzertbeginn: Potenzielle Besucher traten den Heimweg an, weil die Kirche voll war mit Besuchern, die dem Neujahrskonzert beiwohnen wollten. Geboten wurde ein bunter Strauss an besinnlich-heiteren Melodien in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Tradition und Neuzeit.

Die Solojodlerin Nadja Räss wurde ihrem Ruf als Vorzeigekünstlerin gerecht. Der Anna-Koch-Jodel bildete den Auftakt, ein Rugguseli die Brücke zur Juz-Mazurka, die ihr und den Alderbueben Souveränität abverlangten. Sehr gefällig interpretierte Nadja Räss auch das Jodellied «Zum neue Johr» von Willi Valotti und ihre einfühlsame Eigenkomposition «Fründschaft».

Als Formation «mit Weitblick und offenem Sinn für jede Art von Wohlklang» waren die Alderbuebe im Konzertprogramm angekündigt. Diesem Anspruch wurden sie gerecht. Geiger Michael Bösch tat sich hervor als disziplinierter und gefühlvoller Begleiter für die Jodlerin wie auch Willi Valotti, der seinem Akkordeon alles an Reizen entlockte, was man sich erträumen kann. Souverän wie immer gab sich Walter Alder am Hackbrett, und Köbi Schiess am Bass legte ein solides Fundament. Zu den Glanzstücken ihres Parts zählten der traditionelle Dunatuli-Csardas und Willi Valottis Stück «Neu Frentsch». Mit Wolfgang Sieber sass einer der gefragtesten Schweizer Organisten an der Kuhn-Orgel. Er verstand es, seine Begleitfunktion einfühlsam und mit grosser Wirkung wahrzunehmen. Sieber ist ein Kenner der Oberegger Orgel; gemeinsam mit Bruno Kalberer hat er 1997 das Konzept der Registrierung entwickelt. Kein Wunder, dass er ihr bezaubernde Klangfarben entlockte. Mit «Thunderstorm & Organshower» brillierte er als Solist. Wie der Name sagt, entfaltete er auf Manualen und Pedal ein kraftstrotzendes Gewitter, das auf vielen Gesichtern ein Lächeln des Wiedererkennens provozierte. Die Oberegger Sechstklässler setzten als Kinderchor weitere Akzente. «Es bitzeli singe» nahm Anklang beim Ratzliedli, und «dä tonners Grittibänz» setzte gleichsam den Abschied von der Weihnachtszeit: «Wes wyterhin wäg dir so kracht, de ässe mir di grad zum Znacht!»