Velofahrer dürfen in der Stadt Basel bei Rot rechts abbiegen. Seit Juni 2013 läuft das Pilotprojekt und hat erste Erfolge gebracht. In St. Gallen hingegen ist das noch kein Thema.
ST. GALLEN. Das Lichtsignal zeigt Rot. Der Autofahrer muss warten, der Velofahrer darf rechts abbiegen. In der Stadt Basel ist das seit Juni 2013 erlaubt. In Absprache mit dem Bundesamt für Strassen (Astra) läuft der Pilotversuch «Rechtsabbiegen bei Rot für Velos an Lichtsignalanlagen» seither erfolgreich. Bis Dezember 2016 soll das Projekt nun fortgeführt werden.
Pro Velo Schweiz begrüsst diese Unterstützung: Wie sie in einer Mitteilung schreibt, entstehen durch die Anlagen weniger Konflikte zwischen Velos und Motorfahrzeugen. An den entsprechenden Kreuzungen kam es seither auch zu keinem Unfall.
In der Stadt St. Gallen ist eine solche Regelung hingegen noch kein Thema. Christian Hasler, Bereichsleiter Verkehr, will das Projekt aus Basel zunächst noch beobachten und die Schlussergebnisse abwarten. «Basel hat eine Spezialgenehmigung erhalten. Wir können daher nicht einfach so velofreundliche Lichtsignalanlagen einführen», sagt Hasler. Da die rechtlichen Voraussetzungen fehlen, müsse vorerst der Bundesentscheid abgewartet werden. «Sollte der Bund eine entsprechende Gesetzesänderung vornehmen, werden wir die Thematik sicher aufgreifen.»
Anklang findet die Idee aus Basel hingegen beim Verkehrsclub (VCS) St. Gallen/Appenzell. «Die Massnahme des Kantons Basel-Stadt ist uns bekannt. Wir finden diese sehr interessant, da es auch in St. Gallen Kreuzungen gibt, für die eine velofreundliche Lichtsignalanlage gut wäre», sagt Geschäftsleiter Daniel Rüttimann. Laut Rüttimann bringt eine solche Regelung viel Positives: «Die Velofahrer würden nicht mehr neben der wartenden Autokolonne stehen, sondern können flüssig weiterfahren.» Derartige Lichtsignalanlagen haben aber nicht nur für die Velofahrer Vorteile. Auch die Autofahrer würden davon profitieren, sagt er. «Für die Lenker ist es ebenso eine Erleichterung, wenn keine Velofahrer bei Grün die Weiterfahrt an der Kreuzung verzögern.»
Ruedi Blumer, Co-Präsident des VCS, ergänzt: «Die Velofahrer müssen in den Städten unbedingt ernster genommen werden.» Das Velo sei das schnellste und ökologischste Verkehrsmittel in Agglomerationen, dieses gelte es bewusster wahrzunehmen. «Velofreundliche Lichtsignalanlagen wären zudem ein weiterer wichtiger Schritt, um auch durchgehende Velowege zu schaffen», sagt er. Attraktive Wege für Velofahrer hat es laut Blumer noch zu wenige.
Auch seitens der SP des Kantons St. Gallen gibt es Zustimmung. «Solch innovative Ideen sind natürlich zu begrüssen», sagt Präsidentin Monika Simmler. Schliesslich müsse man doch neue Sachen ausprobieren, um eine Stadt velofreundlich zu machen. Simmler kann sich vorstellen, dass solche Regelungen, beispielsweise am Blumenbergplatz, eine Erleichterung für den Strassenverkehr schaffen würden. Walter Locher, FDP-Kantonsrat, ist dem Pilotprojekt gegenüber «skeptisch» gestimmt. «Ich finde den Versuch heikel, da er für mich eher zu weniger als zu mehr Sicherheit führt», sagt Locher. «Ich sehe keinen Sicherheitsgewinn für den Strassenverkehr oder gar die Fussgänger.» Zudem seien Velofahrer meistens unhörbar und oft sehr schnell unterwegs, was nicht zur Sicherheit auf der Strasse und für die Fussgänger beitrage. Daher rät Locher abzuwarten, wie sich das Projekt entwickelt. «Danach können wir die Situation in St. Gallen neu beurteilen.»
Auch SVP-Kantonsrat Karl Güntzel ist gegen die Idee, velofreundliche Lichtsignalanlagen einzuführen. «Solange sich die Velofahrer nicht an die bisherigen Verkehrsregelungen halten, brauchen sie keine Sonderregelung», sagt er. «Erst wenn auch Autofahrer bei Rot rechts abbiegen dürfen, kann man das auch für Velofahrer in Betracht ziehen.»