Rico Stieger, Einsatzleiter der grossen Übung von gestern Abend in Oberriet, und seine Leute hatten es nicht einfach, den Überblick zu behalten und Ruhe zu bewahren. Unglaublich viele Entscheidungen mussten beim gestellten Bahnunglück in kürzester Zeit getroffen werden.
Oberriet. An der gross angelegten Feuerwehrübung wurde das Können aller Einsatzkräfte auf Herz und Nieren geprüft. Sogar der richtige Umgang mit der Presse war ein Teil des Programms.
Ein Personenwagen wurde an einem unbewachten Bahnübergang von einem Zug erfasst und mehrere hundert Meter mitgeschleift. Unmittelbar neben der Stelle, an welcher der Personenzug zum Stillstand kam, stand ein Zisternenwagen mit leicht brennbarer Flüssigkeit. 13 Personen wurden leicht verletzt, 13 Personen schwer. Zudem gab es zwei Todesopfer – so die Annahme.
Dem unbeteiligten Beobachter fiel am Anfang der Übung auf, dass sich weder Einsatzleiter noch die Angehörigen der Feuerwehr (AdF) um die Verletzten im Zug kümmerten. Grund dafür waren unter anderem die vielen Aufgaben, die es zu bewältigen galt.
Wegen des Zisternenwagens, des havarierten Autos und der qualmenden Lok mussten zunächst Löschleitungen gelegt werden. Auch den Selbstschutz der AdF gilt es zu berücksichtigen. Parallel zum Leitungsbau mussten verwirrt umherlaufende Passagiere «eingefangen» und betreut, die Insassen des Autos geborgen und der Einsatz von Samaritern und Rettungssanitätern koordiniert werden. Dazu muss sichergestellt sein, dass die Fahrleitung der Bahn nicht mehr unter Strom steht.
Erst wenn die Unfallstelle gesichert und die Sicherheit aller Beteiligter gewährleistet ist, kann die Bergung der Verletzten beginnen. Weiter ist es Aufgabe von Einsatzleitung und Polizei, Schaulustige und Medienvertreter fernzuhalten. «Gegenüber der Presse gibt bei kleineren Ereignissen nur der Einsatzleiter der Feuerwehr Auskunft. Bei solch grossen Ereignissen, wie an unserer Übung, ist es Sache der Polizei», sagt Übungsleiter Walter Seglias. An der simulierten Pressekonferenz gelang es dann auch nicht, Antworten auf Fragen zum Hergang des Unfalls, Namen von Verletzten oder Todesopfern zu bekommen.
Auch für die teilnehmenden Rettungssanitäter und Samariter war die Übung nicht ganz einfach. Sie wurden nicht nur beim Einsatz in und neben dem Zug gefordert, sondern auch im Verletztennest. Zwei Notärzte waren für die Triage der Verletzten verantwortlich, Samariter für Versorgung und Betreuung. Insgesamt beteiligten sich gestern Abend etwa 140 Personen an der Übung, davon gegen 30 Privatpersonen, die als Verletzte fungierten. Dazu kamen sechs Feuerwehr-Fahrzeuge sowie der Lösch- und Rettungszug der SBB mit fünf Mann zum Einsatz. Neben Löscharbeiten und der Bergung von Personen sind sie für die Stilllegung der Stromleitungen verantwortlich. Mit dem Einsatz zeigte sich die Übungsleitung zufrieden, auch wenn es sicherlich den einen oder anderen Punkt noch zu verbessern gilt.
Auffallend war, dass die Hilfskräfte trotz ihrer Montur und den hohen Temperaturen wenig tranken. «Ein wichtiger Punkt. Es wäre Aufgabe der Abschnittchefs, dafür zu sorgen, dass die Leute hin und wieder Wasser zu sich nehmen», sagte Seglias.