Angst vor Zerstörung und Tod

Da ist ein Vater, der arbeitet Jahr für Jahr in der Fensterfabrik im Nachbarort – und immer wieder müssen die Produktionszahlen angehoben werden. Es geschieht nicht schnell, sondern leise und kontinuierlich.

Jürgen Kaesler Pfarreibeauftragter In Rüthi
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Der bedrängte Schüler wünscht sich nichts sehnlicher, als dass er die Schule bald hinter sich lassen kann. (Bild: depositphotos)

Der bedrängte Schüler wünscht sich nichts sehnlicher, als dass er die Schule bald hinter sich lassen kann. (Bild: depositphotos)

Da ist ein Vater, der arbeitet Jahr für Jahr in der Fensterfabrik im Nachbarort – und immer wieder müssen die Produktionszahlen angehoben werden. Es geschieht nicht schnell, sondern leise und kontinuierlich. Begründet wird es mit nachvollziehbaren Argumenten, und alle müssen irgendwie einverstanden sein: Denn man steht in weltweiter Konkurrenz und der Osten schläft nicht.

Da ist die Mutter von drei Kindern, die sie quasi erzieht, und häufig Dinge gegen deren Willen durchsetzen muss. Sie räumt die Wohnung auf, wäscht die Kleidung, bereitet das Essen zu – Dinge, die wie selbstverständlich im Alltagsgetriebe getan werden – an die sich alle schnell gewöhnen. Aus der Gewohnheit leitet sich der Anspruch ab: So wie es ist, so muss es bleiben.

Da ist die alte Frau, die ihren Mann vor zehn Jahren verabschieden musste: Er starb unerwartet an einem Herzinfarkt – entschlief friedlich. Doch die Trauer der Witwe ist gross. Sie hat ihren Mann doch so sehr gemocht, und jetzt ist sie ganz allein. Wie soll sie mit dem Schmerz des Abschiedes umgehen? Jedes Mal, wenn sie das Bild ihres Ehemanns anschaut, steigen ihr die Tränen in die Augen – sie weiss nicht, wie lange sie noch warten muss, bis sie bei ihm im Himmel ist.

Ein viertes Beispiel: Ein 15-jähriger Junge wird von anderen Schülern gemobbt, das heisst: gehänselt, manchmal geschlagen, einmal wurde er auch ausgeraubt. Er wünscht sich nichts sehnlicher, als dass er die Schule bald hinter sich kriegt. Manchmal ist er hilflos, denn die anderen stellen ihn selbst als Täter dar – er ist zwar kein Unschuldslamm, aber andere bespuckt oder beklaut hat er noch nicht. Er sehnt das Ende des Schuljahres herbei.

Hinter jedem Beispiel liegen die Schmerzen der jeweiligen Situation. Die jeweiligen Personen sind geprägt von der Angst, was noch kommen könnte, der Angst vor Zerstörung und Tod. Der Vater denkt, wo soll das noch enden? Kann ich dies noch leisten? Wie lange halte ich es noch aus? Was wird aus meiner Familie, wenn die Kraft versagt? Die Mutter ist frustriert, weil ihre Arbeit nicht gewürdigt wird– sie fragt sich, wann sie einmal Anerkennung erhält. Die Witwe fragt sich, warum ihr Mann so früh starb, warum er sie zurückliess und sie dies alles durchstehen muss. Der Schüler fragt sich, warum gerade er das Opfer von Mobbing wird – er möchte lernen, damit er einen guten Beruf ausüben kann. Er weiss nicht, wohin mit seinen Aggressionen.

Jesus sagt allen, die in Angst, Trauer und Sorge leben: Vertraut auf mich, denn mein Vater hat mich erkoren, das Leid aller Menschen auf sich zu nehmen: Er ruft ihnen zu: Steht auf – erhebt euer Angesicht! Habt keine Angst – und: Vertraut auf den Sohn Gottes! In Jesus scheint Gottes Herrlichkeit auf. Sehen wir Jesus als den geliebten Sohn Gottes, können wir uns selbst besser verstehen – als Geschöpfe, denen Gott sein Versprechen: Zittere nicht um dein Leben und das Morgen – verankere dein Leben ganz beim geliebten Sohn, bei Jesus Christus.