ALTSTÄTTEN: Kann Altstätten von seiner Schönheit leben?

Gestern wurden die Initiative für eine autofreie Marktgasse und der Gegenvorschlag des Stadtrats einander gegenübergestellt. Diskutiert wurde reichlich. Der Meinungsbildung diente es nur am Rande. Ein Grossteil war schon mit gemachter Meinung gekommen.

Max Tinner
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Martin Romer (rechts am Mikrophon) ist überzeugt, dass sich das Städtli ohne Autos in der Marktgasse beleben lässt. Andere sehen mit einem Autoverbot die Existenz der Geschäfte bedroht und die Rechte der Anwohner beschnitten. (Bild: Max Tinner)

Martin Romer (rechts am Mikrophon) ist überzeugt, dass sich das Städtli ohne Autos in der Marktgasse beleben lässt. Andere sehen mit einem Autoverbot die Existenz der Geschäfte bedroht und die Rechte der Anwohner beschnitten. (Bild: Max Tinner)

Max Tinner

Dass es in der Marktgasse ohne Autos schöner wäre, hört man seit Jahrzehnten, und nicht nur von jenen, die sich nun mit der Initiative exponiert haben. Alt Stadtrat Jakob Buschor mag sich erinnern, dass dies schon ein Thema war, als die Gleise der Appenzeller Bahn, die einst noch durch die Marktgasse gefahren war, rückgebaut wurden. Das Anliegen sei immer wieder zurückgestellt worden, weil beidseits der Marktgasse bzw. zuletzt noch auf der Seite des Rathauses ein Parkhaus fehlte.

Die Jahrzehnte alte Frage endlich einmal klären

Eva Graf, die zusammen mit Buschor auf dem Podium die Initiative vertrat, ist darum froh, dass die Revision der Gemeindeordnung die Initiative auf Gemeindeebene ermöglicht hat: «Nun können wir diese Frage endlich einmal klären», betonte sie.

Letztlich gehe es bei der Abstimmung um die Frage, welche Distanz vom Parkplatz bis zum Eingang des Geschäfts akzeptabel sei, meinte Toni Studach, der zu Beginn des Abends die Initiative vorstellte. Denn Parkplätze habe es um die Altstadt reichlich, «Und selbst im Rheinpark ist die Distanz vom äussersten Parkplatz zum Eingang weiter, als von einem Parkplatz ausserhalb der Altstadt zu den Geschäften in der Marktgasse.»

Für FDP-Ortsparteipräsident Peter Amsler ist dieses Argument nicht stichhaltig: «Auch beim Rheinpark parkiert man möglichst nah am Eingang», stellte er fest. Viele Gewerbetreibende sehen ihre Existenz bedroht: «Die Initiative schneidet uns den Lebensnerv ab», meinte Apotheker Dominik Schnell. Die Umsatzeinbussen während der Realisierung der Freihof-Rathaus-Überbauung zeigten dies deutlich.

Die Initianten hingegen rechnen nicht mit weniger, sondern mit mehr Besuchern im Städtli. Was Philipp Bosshart zur Frage veranlasste: «Wie kommt denn Leben in die Gasse?» Nach Ansicht Martin Romers oder auch Guido Pozniceks wäre schon viel getan mit der Verlegung etwa des Wochenmarkts und der Flohmärkte in die Marktgasse.

Mit seinem Gegenvorschlag stelle sich der Stadtrat zwar gegen die Initiative, er wolle es aber auch nicht beim Status quo belassen, sondern den Durchfahrtsverkehr aus der Marktgasse herausholen, argumentierte Stadtrat Ruedi Dörig auf dem Podium. Damit lasse sich der Verkehr deutlich verringern und die Aufenthaltsqualität merklich steigern.

Jacques Sinz, der nicht nur Gwerbler ist, sondern auch im Städtli wohnt, wies darauf hin, dass die Initiative die Anwohner massiv einschränkt. Ihnen werde die Möglichkeit genommen, vor ihr Haus zu fahren. «Jeder der abstimmt, sollte sich überlegen, wie ihm wäre, würde man selbst dermassen eingeschränkt.»

Mit fortgeschrittener Zeit wurde der Tonfall der Wortmeldungen aus dem Plenum gehässiger. Die Ansichten von Befürwortern und Gegnern der Initiative über die Auswirkungen eines Fahrverbots durch die Marktgasse stehen einander diametral gegenüber. Wer recht hat, kann keiner mit Gewissheit sagen. Stadtpräsident Ruedi Mattle und Mitinitiantin Eva Graf waren sich darum in diesem Punkt einig: Letztlich läufts auf eine Glaubensfrage hinaus – für die der Stadtpräsident schöne Worte fand: «Kann Altstätten bei Annahme der Initiative von seiner Schönheit leben oder wird Altstätten in Schönheit sterben?»

Hinweis

Die Abstimmung findet am Sonntag, 24. September, statt.