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Erst schien alles klar – doch dann ging das Chaos los: Nachdem die Vorbereitende Kommission bereits getagt und entschieden hatte, ging die Diskussion über die Verlängerung der Härtefallhilfe erst richtig los und war nicht mehr zu bremsen. Die Folge: Das Parlament zieht die Reissleine und weist die Vorlage zurück.
Es hatte sich in den vergangenen Tagen abgezeichnet: Die Verlängerung der Härtefallhilfe dürfte im St.Galler Kantonsparlament weit mehr zu reden geben als anfangs vermutet. Und so kam es am ersten Tag der Aprilsession dann auch.
Die Vorberatende Kommission hatte die Vorlage längst beraten – und die Umsetzungsvorschläge der Regierung gutgeheissen. Doch dann grätschte der Kanton Thurgau dazwischen – ungewollt. Auch er will die von der Pandemie gebeutelten Unternehmen und Branchen länger unterstützen, genauso wie St.Gallen und der Bund. Doch als einzelne Mitglieder des hiesigen Kantonsparlaments die Beschlüsse der Nachbarregierung studierten, fiel es ihnen wie Schuppen von den Augen: Da gab es eine Lücke in der St.Galler Lösung. Für Einbussen, die sie im vergangenen Dezember erlitten haben, sollten St.Galler Unternehmen nicht unterstützt werden – erst für Ausfälle ab Januar. Diese Entschädigungslücke hatte die Regierung in Kauf genommen. Wie es scheint, hatte sich die Kommission damit abgefunden. Erst danach, als die Thurgauer Variante auf dem Tisch lag, kochte der Ärger hoch und hörte nicht mehr auf.
Die offenen Fragen und die rechtlichen Unsicherheiten häuften sich von Tag zu Tag mehr, E-Mails gingen bis vor Sessionsbeginn hin und her – das Chaos war angerichtet. Und wenig später das Urteil über die Vorlage gefällt: Das Kantonsparlament schickte sie zurück an den Absender.
Hatte sich das Parlament bei den früheren Coronahilfen stets gefunden, gelang dies nun auf der Zielgeraden der Pandemie nicht mehr. So sagte Yvonne Suter, Sprecherin der Fraktion von Die Mitte/EVP:
«Wir sollten kurz vor Torschluss nicht noch versuchen, möglichst jeden Stutz aus der Staatskasse zu klauben und in diejenige Branche zu lenken, die einem am nächsten ist.»
Auch wenn sie weder Fraktion noch Branche nannte, Adressaten dürften die SVP und die Gastronomievertreter gewesen sein. In die gleiche Richtung zielte FDP-Präsident Raphael Frei:
«Wenn Bürgerliche nun dem süssen Nektar des Staats erliegen, dann ist das fragwürdig.»
Die beiden Fraktionen brachten denn auch den Rückweisungsvorschlag ein – mit Erfolg.
Die Vorberatende Kommission muss nun nochmals über die Bücher. Volkswirtschaftsdirektor Beat Tinner könnte mit allfälligen Anpassungen leben. Hatte er bislang mit 500 bis 700 Gesuchen gerechnet, dürften es «etwa 300 mehr werden, wenn die Eintrittshürden für Gesuche geändert werden», merkte er in der Session an.
Die Dezemberlücke und die Hürden für eine Entschädigung sind nicht die einzigen Kritikpunkte des Parlaments. Der SVP missfällt auch, dass die Regierung die Gemeinden verknurren will, sich an der Hilfe für die Seilbahnunternehmen zu beteiligen. Auch diese Frage ist vertagt. Welche Unternehmen und Branchen unter welchen Voraussetzungen schliesslich unterstützt werden, wird sich nun neu in der Junisession zeigen.