Romanshorner Hafenfest
Erstes Fussballspiel mitten auf dem Bodensee: «Ein kleiner Moment für uns, ein grosser Moment für den Fussball»

Auf der Motorfähre Euregia wurde Geschichte geschrieben. Erstmals wurde auf dem Bodensee auf einem Schiff Fussball gespielt. Hinter der Aktion steht ein Romanshorner, der ein Zeichen setzen will.

Raphael Rohner
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Junge Fussballer wärmen sich auf vor ihrem ersten Spiel auf dem See.

Junge Fussballer wärmen sich auf vor ihrem ersten Spiel auf dem See.

Bild: Raphael Rohner

Strassenfussball wird oft dort gespielt, wo normalerweise Autos unterwegs sind. Warum also nicht auch auf einer Bodenseefähre? Am Sonntagnachmittag wurde genau dieser Traum für eine Handvoll Fussballer Wirklichkeit. Auf der Motorfähre Euregia fuhren sie auf den See hinaus, um Fussball zu spielen. Die Idee dazu hatte der 29-jährige Fussballer Carlo Zanetti aus Romanshorn: «Das hat noch niemand vor uns gemacht und es ist wohl auch gar nicht so leicht», sagt er kurz vor der Abfahrt. Das aussergewöhnliche Fussballspiel wurde als eines der Highlights des Romanshorner Hafenfestes angepriesen.

Statt eines Schiedsrichters pfeift hier das Dampfschiff

Während das Dampfschiff Hohentwiel sein Pfeifsignal durch den Hafen hallen lässt, spielen sich drei Fussballer auf dem Deck der Euregia warm. Einer der Fussballer ist der 20-jährige Robin Wirth aus Uttwil: «Das ist schon eine verrückte Sache, mit dem Schiff auf den See zu fahren und da zu tschutten. Ich bin mega aufgeregt, ob das überhaupt geht wegen des Winds.» Ebenso hofft Wirth auch, dass die Bälle nicht über den Rand des Schiffes hinausfliegen.

«Das wären dann Bälle für unsere deutschen Freunde, die wir dann vielleicht irgendwann im Sommer zurückbekommen.»
Ein Käscher liegt auf dem Schiff parat – falls Bälle aus dem Wasser gefischt werden müssen.

Ein Käscher liegt auf dem Schiff parat – falls Bälle aus dem Wasser gefischt werden müssen.

Bild: Raphael Rohner

Hinterherschwimmen sei unmöglich. Auf dem Schiff liegen jedoch mehrere Netze parat, um allenfalls verloren gegangene Fussbälle wieder aus dem See zu fischen.

Der Romanshorner Carlo Zanetti hat den Strassenfussballverein LCF gegründet.

Der Romanshorner Carlo Zanetti hat den Strassenfussballverein LCF gegründet.

Bild: Raphael Rohner

Auf dem Schiff wird nicht etwa 90 Minuten gespielt, sondern nur bis drei Tore gefallen sind. Zanetti erklärt: «Das ist quasi die Ur-Idee des Strassenfussballs, wie er etwa in Südamerika oder in kleinen Hallen in Asien gespielt wird.» Auf dem kleinen Feld stehen sich sechs Spieler gegenüber, wer die drei Tore zuerst schiesst, bekommt Punkte. Die Teams werden bei jedem Match neu gemischt. «So können auch Kinder oder ältere Fussballerinnen und Fussballer ihr Glück versuchen – dieses Mischen ist das Tolle am Strassenfussball», sagt Zanetti, der vor drei Jahren den Verein «Lake Constance Football», kurz LCF, ins Leben gerufen hat. Auf einer Reise in die USA kam er darauf, dass Strassenfussball auch am Bodensee überall Anklang finden könnte.

Das Schiff verlässt den Hafen und das erste Spiel beginnt. Der Wind bläst rasch ziemlich kräftig durch das Schiff und es wird um jeden Ball gekämpft. Schnell fallen Tore, und während die einen jubeln, verlassen andere das kleine Feld schon wieder. Einige Zuschauer beobachten das Treiben und filmen mit dem Smartphone. Abseits des Spielfelds wird jongliert vor atemberaubender Kulisse: «Das ist total krass und megageil», sagt eine Fussballerin zu ihrer Kollegin, während sie sich den Ball zuspielen.

Dann kommt ein Fussball aus dem Feld geflogen, hüpft noch einmal über das Deck und schlägt einige Meter hinter der Fähre auf dem Wasser auf. Zanetti schaut dem Ball hinterher und seufzt: «Den können wir vergessen, der ist weg – jänu.» Trotzdem lacht er kurz darauf wieder und motiviert Kinder von Gästen mitzuspielen.

Kapitän und Zuschauer sind begeistert

Nach rund einer Stunde auf dem See kehrt die Euregia wieder in den Hafen zurück. Der Kapitän des Schiffes, Richard Gafner, freut sich: «Ich bin selber ein grosser Fussballfan und habe vor Jahren auch selber gespielt. Diese Idee ist toll und sollte im grösseren Stil wiederholt werden.» Auch bei Zuschauerinnen und Zuschauern stösst die Idee auf positive Resonanz: «Das hat schon was von Roberto Carlos und Ronaldinho, wie die da dribbeln – dazu diese Stimmung auf dem See: Das ist fast besser als im Stadion», sagt ein Mann aus St.Gallen. Bier und Bratwürste gab es auch auf dem Schiff.

Fussballer spielen sich auf der Motorfähre Euregia warm. Im Hintergrund die Hohentwiel.
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Zanetti spielt sich auf der Euregia warm.
Der 20-jährgie Uttwiler Robin Wirth spielt sich ein auf dem Schiff.
Carlo Zanetti ist vor dem Spiel auf dem Schiff nervös: «Geht das überhaupt?»
Jonglieren vor atemberaubender Kulisse: Carlo Zanetti lässt sich das nicht entgehen.
Kapitän Richard Gafner findet die Idee toll.
Das Medieninteresse ist gross.
Mit so einem Ball wird gespielt. Patina darf sein im Strassenfussball.
Ein stolzer Romanshorner: Zanetti.

Fussballer spielen sich auf der Motorfähre Euregia warm. Im Hintergrund die Hohentwiel.

Bild: Raphael Rohner

Nach der Fahrt mit der Euregia auf dem See und rund 20 Spielen strahlt Zanetti: «Das war ein kleiner Moment für uns, doch ein grosser Moment für den Fussball. Strassenfussball soll wieder populär werden, und vielleicht fordern wir schon bald Kolleginnen und Kollegen von Friedrichshafen zu einem Turnier heraus.» Die Fussballer sind ebenso begeistert: «Das erzähle ich einmal meinen Grosskindern, dass ich hier Fussball gespielt habe», schwärm der Uttwiler Robin Wirth und geht von Bord.