FCSG-Fans diskutieren online, Tickets aus dem Lugano-Kontingent beziehen zu wollen. Doch wer ein solches Billett besitzt, könnte nicht in den Sektor eingelassen werden. Derweil nehmen die Angebote auf Onlineplattformen weiter zu, die Preise steigen.
kenny1989: 609 Franken
Aixro: 608 Franken
kenny1989: 607 Franken
Aixro: 606 Franken
kenny1989: 605 Franken
Aixro: 604 Franken
Es ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das sich zwei User auf der Onlinebörse Ricardo liefern. Sie wollen zwei Tickets für den Cupfinal zwischen dem FC St.Gallen und dem FC Lugano im Berner Wankdorf ergattern. Der reguläre Preis für ein Ticket im Sektor B beträgt 60 Franken. Die beiden Fans sind somit zurzeit bereit, mehr als das Fünffache des eigentlichen Preises zu zahlen. Es ist nicht das einzige Ticket, das auf Ricardo zu erhöhten Preisen angeboten wird: Ein Ticket wird für rund 400 Franken angeboten, ein Paket aus drei Tickets zu über 800 Franken.
Auch auf der Ticketbörse Viagogo gibt es verschiedene Angebote, der Höchstpreis liegt am Mittwochmorgen bei 873 Franken für ein Ticket im Sektor C, Parkett, Höhe Mittellinie, das der Schweizerische Fussballverband im regulären Verkauf für 80 bis 100 Franken anbietet. Viagogo ist, entgegen seinem Auftritt und Erscheinen, kein offizielles Ticketportal, sondern eine Plattform, über die Tickets ver- und gekauft werden können und die wegen gefälschter Tickets immer wieder in die Negativschlagzeilen gerät. Viagogo selbst teilt mit, das Unternehmen habe verschiedene Massnahmen ergriffen, um den Verkauf gefälschter Tickets auf der Plattform zu verhindern: Zum Beispiel würden Verkäufer auf Viagogo erst bezahlt, wenn der Käufer Zugang zur Veranstaltung erhalten habe. «Verkäufer haben so keinerlei Anreiz, gefälschte oder ungültige Tickets zu verkaufen», so Viagogo.
Der Schweizerische Fussballverband (SFV) als Veranstalter des Cupfinals warnt auf seiner Website vor dem Kauf von Tickets via Dritthändler: «Die Preise für die Tickets im Internetverkauf (Auktionsplattformen, Drittanbieter) sind teilweise massiv überhöht.» Man habe leider keine Handhabe, um gegen derlei Machenschaften vorzugehen, schreibt der SFV. Umso dringlicher rät er vor Käufen solcher Tickets ab, nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, dass Tickets im Umlauf sein könnten, die sich beim Stadioneingang als ungültig erweisen.
Der SFV nennt auf seiner Website einen weiteren Grund, der gegen den Kauf von Tickets via Dritthändler oder Onlinebörsen spricht: Die aktuellen Angebote betreffen vor allem Tickets im Sektor B, der für FCSG-Fans reserviert ist. «Anhänger des FC Lugano, die allenfalls solche Karten kaufen, erhalten keinen Zutritt», schreibt der SFV. Dieselbe Regelung gilt umgekehrt auch für Espen-Fans, die Tickets für den Sektor D des FC Lugano kaufen. Der Grund dafür: Der SFV will die Fangruppen im Stadion strikt voneinander trennen.
Wie wird diese Trennung in der Praxis konkret bewerkstelligt? Nach welchen Kriterien entscheiden die Einlassverantwortlichen, ob eine Person trotz gültigem Ticket keinen Einlass für den jeweiligen Sektor erhält? Überspitzt formuliert: Reicht ein Ostschweizer Dialekt oder Italienisch, um nicht in den Sektor des anderen Teams eingelassen zu werden? Nein, schreibt der SFV auf Anfrage:
«Das Risiko, keinen Zutritt zu erhalten, trifft primär Personen, die erkennbar als Fans des jeweils anderen Klubs auftreten.»
Die Sprache oder der Dialekt sei natürlich kein aussagekräftiges Kriterium. Ohnehin zeigt die Erfahrung des SFV bei den Cupfinals, dass keine Probleme dieser Art auftauchen. «Den Fans sind die Bedingungen bekannt und sie respektieren sie.»
Dennoch versuchen vereinzelte St.Galler Fans, Tickets über den Vorverkauf des FC Lugano zu ergattern, der diese und kommende Woche läuft. Der Tessiner Klub will streng kontrollieren, an wen er die Tickets aus seinem Kontingent verkauft. Im Zweifelsfall werde ein Nachweis verlangt, dass der Käufer im Tessin wohnhaft und kein Fan des FC St.Gallen sei, heisst es auf der Website der Luganesi.
Die User im Fanforum des FC St.Gallen jedenfalls diskutieren Varianten, wie die Kontrollen der Tessiner umgangen werden könnten: Tessiner Bekannte anzufragen, einen Ferienflirt zu reaktivieren oder Anhänger des FC Bellinzona oder FC Locarno einzuspannen. Ein Fan will sich beim Kauf mit dem Schal des HC Luganos tarnen. Ein anderes Forumsmitglied schreibt:
«Falls jemand noch Tickets aus dem Tessin organisieren kann, ich wäre noch interessiert an vier Stück. Bitte PN.»
Und auch auf dem Kleinanzeigenportal Tutti ist der Zwischenhandel angelaufen: In rund zwanzig Anzeigen werden Tickets zum Tausch angeboten oder die Inserenten suchen verzweifelt nach Tickets.
Der Club zeigt sich zufrieden mit dem bisherigen Verlauf des Vorverkaufs. «Wir konnten einen grossen Teil der Tickets aus dem Kontingent bereits verkaufen», sagt Mediensprecher David Gadze. «Wir freuen uns, dass sich unsere Fans offensichtlich auch so aufs Spiel freuen wie wir.» Am Donnerstag endet der Vorverkauf für die Saisonkartenbesitzer. Dann will der FCSG über das weitere Vorgehen kommunizieren. Zum Handel mit Tickets über Online-Börsen möchte sich der Verein nicht äussern.
Die Vorfreude auf den Cupfinal zeigt sich auch im Fanshop des FCSG. Trikots von Captain Lukas Görtler, Shirts in Kindergrössen und viele weitere Fanartikel seien derzeit ausverkauft, meldet das Regionaljournal Ostschweiz am Mittwochmorgen. Es sei wirtschaftlich nicht sinnvoll, Vorräte à discretion anzuschaffen, sagt FCSG-Präsident Matthias Hüppi gegenüber der SRF-Radiosendung.
Der FC St.Gallen verkauft die 12'500 Tickets aus seinem Kontingent zunächst bekanntlich nur an Inhaberinnen und Inhaber von Saisonkarten. Der Verein will sich mit dieser Aktion bei seinen Anhängern bedanken, die in den vergangenen zwei Jahren in den allermeisten Fällen trotz Pandemie den Preis für die Saisonkarte nicht zurückverlangt haben.
Dass viele der Fans ihr Cupfinal-Ticket überteuert online weiterverkaufen, scheint ohnehin unwahrscheinlich. Denn 600 Franken für zwei Cupfinal-Tickets – solche Angebote sind zumindest aktuell noch eher die Ausnahme als die Regel – wobei die zwei oben beschriebenen Tickets im Gesamtwert von 120 Franken letztlich für 751 Franken den Besitzer wechselten. Eine Ausnahme gewährt auch die Stadt St.Gallen. Der Stadtrat bewilligt eine Freinacht in den Innenräumen der Lokale, sollte der FCSG den Cupfinal gewinnen.