Rund 80 Personen protestieren vor dem Hotel Einstein gegen Sebastian Kurz, gegen den wegen Korruptionsverdacht ermittelt wird. Die Demonstration offenbart nicht nur einen Höhenunterschied.
Am Mittwochabend um kurz vor 18 Uhr kommen sie dann, die zirka 70 Demonstrierenden. Sie skandieren: «Club zwei-tusig, du bisch gru-sig».
Der Schauplatz liefert eine wortlose wie vereinfachte Erklärung für den Protest: unten, auf der Strasse, stehen die Demonstrierenden mit ihren Plakaten und Parolen, die sie nach oben rufen, Richtung zweiter Stock, denn dort, im Eventgebäude des Fünfsternehotels Einstein, trinken teils nobel gekleidete Mitglieder und Freunde des Clubs 2000 Cüpli. Zwei Raucher zücken gar das Handy und filmen, amüsiert lächelnd, die Demonstrierenden.
Gefühlt zwei Welten, getrennt durch ein paar Höhenmeter, Ideologie und das Aufgebot der St.Galler Stadtpolizei. Diese verteilt sich schon um halb fünf zwischen Einstein und Kornhausplatz, wo die bewilligte Demo beginnt – direkt neben einem Stand des österreichischen Getränkeherstellers Red Bull.
Doch nicht die weltbekannte Dose zieht den Zorn der Demonstrierenden auf sich, sondern ihr Landsmann Sebastian Kurz, der vom Club 2000 für ein geschlossenes Podiumsgespräch eingeladen wurde. Auch der ehemalige Bundeskanzler, der einst mit der rechtspopulistischen FPÖ koalierte, bekommt seinen eigenen Reim: «Basti hängts mit Faschos rum, darum finden wir dich dumm.»
Weitere Gründe nannten die Veranstalter der Demonstration im Vorfeld unter anderem auf Social Media. Auf dem Kornhausplatz kommen kaum neue dazu. Eine Demonstrantin sagt, auf Instagram stehe eigentlich alles. «Ich bin grad von der Arbeit gekommen», sagt ein anderer, man solle doch mal «die da hinten» fragen, das seien «eher die Wortführer». Doch die da hinten sagen: nichts. Und verweisen aufs Communiqué.
Und beim Club 2000? Ein Grüppchen vor dem Eingang des «Einstein Congress» sagt eine Stunde vor Kurz‘ Auftritt: Kurz sei schon gegangen. Ein Mittzwanziger ist auskunftsfreudiger: Sie wüssten noch nicht, worüber Kurz sprechen werde, aber er sei eine interessante Figur. «Ich meine: So jung Kanzler zu werden, das ist eine krasse Leistung.» Wenige Minuten später verschwindet er im verglasten Gebäude. Wie auch SVP-Kantonsrat Michael Götte oder Johannes Ucan, der Modeunternehmer, der jüngst mit dem Fussballer Granit Xhaka ein Modelabel gründete.
Freilich hat der Club 2000, der sowohl Gönnervereinigung des TSV St.Otmar als auch Businessklub ist, prominente Mitglieder. Allesamt sind sie männlich, und die meisten aus KMU.
Vielleicht konnte Kurz, der am Nachmittag in Zürich landete, ja etwas von ihnen lernen, er hat kürzlich ein eigenes Unternehmen gegründet. Wie er ins Einstein kam, ist nicht bekannt. Die vielen Sicherheitsleute haben ganze Arbeit geleistet. Dass er ins Einstein kam, ist hingegen überliefert: Der 36-Jährige hat Schnappschüsse vom Anlass auf Instagram gepostet. Um kurz vor 22 Uhr soll er laut Augenzeugen schliesslich entspannt in einen Porsche gestiegen und davongefahren sein.