Anklage
Verdacht auf Insiderhandel bei der St.Galler Pensionskasse: «Arbeitsverhältnis mit dem Beschuldigten wurde sofort aufgelöst»

Die Bundesanwaltschaft erhebt Anklage gegen einen ehemaligen Mitarbeiter der St.Galler Pensionskasse. Er soll sich dank Insider-Informationen privat bereichert haben. Was sagt die Pensionskasse dazu?

Adrian Vögele 1 Kommentar
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Sitz der St.Galler Pensionskasse in der Stadt St.Gallen.

Sitz der St.Galler Pensionskasse in der Stadt St.Gallen.

Bild: Benjamin Manser

Wer bei der St.Galler Pensionskasse (SGPK) in der Vermögensverwaltung arbeitet, hat es mit grossen Summen zu tun: Über 11 Milliarden Franken beträgt das Kapital der Kasse – es ist die berufliche Vorsorge des Staatspersonals, der Volksschulen und vieler öffentlich-rechtlicher Unternehmen. Bis 2014 war die Pensionskasse Teil des kantonalen Finanzdepartements, seither ist sie selbstständig.

Wie gestern bekannt wurde, erhebt die Bundesanwaltschaft Anklage gegen einen Mann, der sowohl vor als auch nach der Verselbstständigung der Pensionskasse als Portfoliomanager für die Bewirtschaftung von Vorsorgegeldern des Staatspersonals zuständig war. Er durfte dabei «selbstständig und ohne Rücksprache mit weiteren Stellen über den Auf- und Abbau von Aktienpositionen entscheiden», stellt die Bundesanwaltschaft fest. In den Jahren 2008 bis 2018 soll er Wissen aus seiner beruflichen Tätigkeit genutzt haben, um sich privat zu bereichern, indem er beispielsweise zeitlich abgestimmt mit den gleichen Aktien handelte.

Nach der Anzeige entlassen

«Mit Hunderten von anklagerelevanten Transaktionen» habe der Beschuldigte private Gewinne in der Höhe von 3,1 Millionen Franken erzielt, schreibt die Bundesanwaltschaft. Deklariert habe er diese Gewinne nie, auch nicht beim Steueramt. Mehr noch: Er soll durch zahlreiche Bargeldbezüge versucht haben, die Gelder vor den Strafverfolgungsbehörden in Sicherheit zu bringen. Der Vorwurf lautet auf ungetreue Amtsführung, ungetreue Geschäftsbesorgung, Ausnützen von Insiderinformationen und Geldwäscherei. Die Bundesanwaltschaft beantragt vier Jahre Haft.

Ins Rollen kam das Verfahren nach einer Anzeige der Finanzmarktaufsicht (Finma) im Dezember 2017. Die St.Galler Pensionskasse hat damals sofort reagiert, wie sie auf Anfrage mitteilt:

«Das Arbeitsverhältnis mit dem Beschuldigten wurde nach Bekanntwerden der Straftaten mit sofortiger Wirkung aufgelöst.»

Die SGPK betont weiter, das Kapital der Versicherten sei nicht zu Schaden gekommen:

«Die verwalteten Vorsorgevermögen der Versicherten waren zu keiner Zeit in Gefahr.»

Welche Kontrollmechanismen gibt es bei der Pensionskasse, um solche Insidergeschäfte zu verhindern? Dazu nennt die SGPK keine Details. Sie hält aber fest, sämtliche gesetzlichen Vorschriften seien jederzeit konsequent eingehalten worden. «Unser Internes Kontrollsystem (IKS) stellt die gesetzeskonforme Umsetzung sicher. Das IKS wird jährlich durch die Revisionsstelle der SGPK überprüft und bestätigt.» Zusätzliche Massnahmen seien nicht erforderlich.

Bund hofft auf erstmaliges Urteil

Rechtlich könnte der Fall allerdings nationale Wirkung haben. Die Verfolgung und Beurteilung von Insiderhandel untersteht zwingend dem Bundesgericht, darum hat die Bundesanwaltschaft das Strafverfahren im April 2020 von den kantonalen Behörden übernommen. Die Bundesanwaltschaft erhofft sich ein wegweisendes Urteil. Denn ob die Methode, die der Beschuldigte beim Handeln mit Aktien angewendet hat – das sogenannte «Frontrunning» – als Insiderhandel zu bewerten ist, ist bis jetzt umstritten. Für den Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.

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