Knapp 5300 Photovoltaikanlagen in der Ostschweiz warten derzeit auf Fördermittel des Bundes. Eine Anpassung der kostendeckenden Einspeisevergütung soll nun Abhilfe schaffen.
ST. GALLEN. Für seine Energiepolitik kassiert der Bundesrat regelmässig Kritik – in Wil gab es gestern aber für einmal Lob. Ein regionales Fachgremium informierte über das neue Fördersystem für erneuerbare Energien. Konkret ging es um die auf Anfang Jahr angepasste kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) und die Folgen für die Photovoltaikanlagen. Die Vertreter der Solarbranche und der Technischen Betriebe Wil bewerteten diese positiv. Till Farag, Geschäftsleiter von Helvetic Energy, lobte den Systemwechsel, weil er die «Handbremse löst».
Ganz ohne kritische Töne kam die Medienorientierung dann doch nicht aus. Die Fachleute hätten «einspringen» müssen, weil die öffentliche Hand bislang nicht über die KEV-Änderungen informiert habe. «Die Neuerungen sind in der Bevölkerung nicht angekommen», hielt Farag fest.
Seit 2009 finanziert der Bund mit der KEV Anlagebetreibern die Differenz zwischen Produktionskosten und Marktpreis. Derzeit herrscht jedoch ein Stau: Auf der Warteliste befinden sich 35 000 Projekte – in der Ostschweiz sind es nach Angaben der KEV-Stiftung 5299 Photovoltaikanlagen (SG 3498, TG 1018, AR 481, AI 302).
Der Bund will nun Abhilfe schaffen: Neu erhalten kleine Anlagen (unter zehn Kilowatt) keine Einspeisevergütung für den produzierten Strom mehr – sondern einen einmaligen Investitionsbeitrag, der maximal 30 Prozent der Kosten abdeckt. Betreiber von Anlagen bis dreissig Kilowatt können zwischen Einmal- und Einspeisevergütung wählen. Die Neuerungen gelten rückwirkend auf Ende 2012. Wer seine Kleinanlage vorher angemeldet hat, darf ebenfalls wählen. Dank der neuen Regelung soll das Geld rascher fliessen und die Warteliste innert Jahresfrist massiv schrumpfen. Etwa 80 Prozent der Photovoltaikanlagen auf der Warteliste weisen eine Leistung von weniger als 30 Kilowatt auf.
Anhand von Beispielen zeigten die Fachleute, dass Solarenergie für Private kein Verlustgeschäft mehr sein muss. Eine Kleinanlage für ein Einfamilienhaus in Wil kostet den Besitzer inklusive Fördermittel des Bundes und der Äbtestadt umgerechnet 15,6 Rappen pro Kilowattstunde – praktisch gleich viel, wie er von den Technischen Betrieben Wil für die Einspeisung ins Stromnetz erhält.
Neu kann der Besitzer den Strom selber verwenden. Die Photovoltaikanlage werde so attraktiver, denn der Produzent müsse so keine Netzabgabe mehr bezahlen, sagte Marco De Bortoli von den Technischen Betrieben Wil. Die Abgabe für die Netznutzung ist wesentlicher Bestandteil des Strompreises.
Des einen Freud ist des anderen Leid. Die Netzbetreiber sind wegen der vermehrt dezentralen Einspeisung des Stroms gefordert – sie müssen das Netz ausbauen und verstärken. Die Einnahmen aus der Netzabgabe seien vital. Würden sie in Zukunft massiv tiefer ausfallen, sagte De Bortoli, dann hätten die Netzbetreiber «ein Problem». Gegen die drohende «Entsolidarisierung bei den Netzkosten» hatte sich der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen in der Vernehmlassung gewehrt – vergeblich. De Bortoli schliesst eine Anpassung in Zukunft dennoch nicht aus.