Die St.Galler Grünen schlagen ihren Mitgliedern die frühere Rapperswiler Stadträtin Rahel Würmli als Regierungskandidatin vor. Auch die GLP bereitet eine Kandidatur vor, deren Name allerdings noch nicht preisgeben wird.
«Wenn, dann mit einer Frau», sagte der St.Galler Grünen-Präsident Thomas Schwager vor zwei Wochen zur möglichen Regierungskandidatur seiner Partei. Nun wird die Absicht bekräftigt: Rahel Würmli, von 2005 bis 2016 Stadträtin von Rapperswil respektive Rapperswil-Jona, soll für die Grünen erstmals einen Sitz in der St.Galler Regierung holen. Die 51-jährige Umweltfachfrau und seit 2017 Leiterin der Fachstelle Alter + Gesundheit in Wetzikon ist vom Parteivorstand einstimmig zuhanden der Mitgliederversammlung vom 7. Dezember in Rapperswil nominiert worden.
Die Parteileitung begründet ihren Anspruch auf einen Regierungssitz mit dem nationalen Wahlerfolg vom 20. Oktober, der den Wähleranteil der Grünen im Kanton St.Gallen von 5,7 auf 10.5 Prozent anstiegen liess. «Bei den Kantonsratswahlen wollen wir an diesen Erfolg anknüpfen, unsere Sitzzahl deutlich ausbauen und Fraktionsstärke erreichen», teilt sie mit. «Nicht nur in den nationalen Parlamenten und im Bundesrat, auch im Kanton St.Gallen braucht es mehr grüne Politik.»
Rahel Würmli schaffte nach der gewählten Nationalrätin Franziska Ryser und Yvonne Gilli, die bekanntlich frühzeitig Abstand von einer Regierungskandidatur nahm, sowie Patrick Ziltener mit über 10000 Stimmen den vierten Platz auf der Nationalratsliste der Grünen. Neben ihrer elfjährigen Exekutiverfahrung als Stadträtin, wovon vier Jahre als Vizepräsidentin, streicht die Partei im beruflichen Rucksack Würmlis ihre Erfahrungen in IT-Unternehmen und als Organisationsentwicklerin in der Stadt Uster hervor. «Vor dem Hintergrund der Klimakrise, der demografischen Veränderung und der rasant fortschreitenden Digitalisierung immer neuer Lebensbereiche braucht es Fachleute in der Regierung, die über das entsprechende Sensorium und Knowhow verfügen.»
Die Kandidatur richte sich nicht gegen eine Partei oder eine Person, «schon gar nicht gegen Laura Bucher», sagt Parteipräsident Schwager. Analog der Aussage der SP-Kandidatin hätten die Grünen nichts gegen das «optimale Ziel» von drei linksgrünen Sitzen. Allerdings habe man «genug Selbstachtung», um für sich selber zu schauen. Mit dem Bundesrat, wo laut Schwager nun «eine grüne Vertretung sein muss», sei die St.Galler Regierung nicht zu vergleichen. «Es gibt hier nicht zwingend eine Zauberformel, das zeigt schon die Untervertretung der SVP. Majorzwahlen haben ihre eigenen Spielregeln.»
Die Herkunft Rahel Würmlis kommt der Partei gelegen: Mit dem Abgang Beni Würths verliert das Linthgebiet den einzigen Vertreter in der Regierung. «Es wäre wichtig, die Bevölkerungsteile des Ringkantons in der Regierung abzubilden», sagt die Kandidatin selber. Sie sehe sich als Vertreterin der Grünen, der Frauen und des Linthgebiets, «ohne Reihenfolge». Freilich sei ihr bewusst, dass sie im ganzen Kanton Wahlkampf machen müsse, namentlich auch im nördlichen Teil. Schon als Jugendliche politisch interessiert und in Rapperswil bald den - inzwischen umbenannten - lokalen Grünen UGS (Unabhängig-grün-sozial) verbunden, gehörte Würmli zu den ersten grünen Exekutivpolitikerinnen im Kanton. Als Stadträtin gestaltete sie die Fusion von Rapperswil und Jona mit: «Wir haben eine neue Stadt gebaut, buchstäblich auch, was die Gesetze angeht.»
Als ihre grössten Erfolge im Stadtrat nennt sie die bauliche Aufgleisung des von drei Institutionen getragenen Pflegezentrums Schachen und die Einrichtung eines weitherum vorbildlichen Kinderspielplatzes (Drachenspielplatz). Einen Dämpfer erlitt sie nach ihrem Abgang aus dem Stadtrat, als sie 2016 im zweiten Wahlgang für das damals heftig umstrittene Stadtpräsidium kandidierte und abgeschlagen auf dem vierten Platz landete.
Die Nomination Würmlis vorbehalten, stehen damit vier Kandidaturen für die drei frei werdenden Sitze fest. Neben den Grünen treten die SP mit Laura Bucher, die FDP mit Beat Tinner und die CVP mit Susanne Hartmann an. Die fünfte Kandidatur ist von den Grünliberalen zu erwarten: Der Vorstand schlägt der Mitgliederversammlung am 2. Dezember eine geeignete Person vor, bestätigt GLP-Präsidentin Nadine Niederhauser. Näheres will sie nicht verraten, auch nicht, ob es sich um eine Frau handelt. Erfahrungen in der Exekutive brächten die St.Galler Stadträtin Sonja Lüthi und der Sarganser Gemeindepräsident Jörg Tanner mit. Schliesslich strebt die SVP einen zweiten Sitz in der Regierung an: Sie will an ihrer Delegiertenversammlung vom 12. Dezember oder spätestens 8. Januar nominieren. Inoffizieller Favorit: Fraktionschef Michael Götte.