Sie kämpft ums Überleben, in St.Gallen noch mehr als anderswo: Die BDP hat ihre Sitze im Kantonsrat verloren, ebenso ihren bekanntesten Vertreter. Trotzdem will die Partei mit einer eigenen Liste zu den nationalen Wahlen antreten.
Die BDP kann immer noch etwas bewirken – zumindest in Bundesbern: Das zeigt die jüngste Debatte im Nationalrat um strengere Vorgaben für Waffenexporte. Am Ende obsiegte die BDP mit ihrer Forderung. An vorderster Front: Parteipräsident Martin Landolt. Der Glarner wehrt sich mit Händen und Füssen dagegen, dass der Untergang seiner Partei heraufbeschworen wird.
Doch die Ausgangslage der Bürgerlich-Demokratischen Partei für die Wahlen 2019 ist tatsächlich schwierig. Das gilt erst recht im Kanton St.Gallen, wo eine starke Figur wie Landolt weit und breit nicht zu sehen ist. Im Vergleich mit Kantonen wie Bern oder Graubünden konnte die BDP hier nur schwer Fuss fassen. Der St.Galler Ableger hatte zudem seit seiner Gründung 2009 mit Querelen in der Parteileitung zu kämpfen. Dennoch: Bei den nationalen Wahlen 2011 schaffte es die BDP im Kanton St.Gallen auf 3,8 Prozent Wähleranteil. Sie verhalf damit der GLP via Listenverbindung zu einem Nationalratssitz. 2012 gelang der BDP der Sprung ins Kantonsparlament, sie erhielt zwei Sitze. Damit brach eine gute Zeit für die Partei an: Kantonsrat Richard Ammann, der kurz darauf auch das Präsidium übernahm, prägte die Kantonspolitik während mehrerer Jahre mit. Einer seiner Schwerpunkte waren Bildungsthemen, zum Beispiel die tiefe Maturaquote im Kanton.
2016 folgte der Tiefschlag: Die BDP kam nur noch auf 1,1 Prozent und verlor beide Sitze im Kantonsparlament. Ammann trat die Flucht nach vorn an und kandidierte für die Regierung – ohne Erfolg. Er gab das Präsidium ab und trat schliesslich aus der Partei aus, heute ist er Mitglied der CVP.
Testlauf für kommunale und kantonale Wahlen
Seit der Ära Ammann kämpft die St.Galler BDP ums Überleben – und um das politische Profil. Sie lehnt sich inhaltlich eng an die nationale Mutterpartei an, versucht aber auch Einfluss zu nehmen auf die kantonale Politik. So warb die BDP für die Sanierung des Theaters St. Gallen und für die Initiative der CVP und der SP für höhere Familienzulagen. Verstärkt engagieren will sich die Parteileitung gegen Rassismus: Der neue Präsident Kenny Gubser kündigte an, die Partei werde «vehement gegen die wachsende Hass- und Wutpolitik antreten». Es gehe darum, Missstände zu thematisieren, aber «auf respektvolle, sachliche Art».
Will die Partei allerdings langfristig Bestand haben, muss sie es schaffen, wieder mehr in Parlamenten und Exekutiven vertreten zu sein. Dass die BDP mit einer eigenen Liste zu den nationalen Wahlen antreten will, obwohl sie keine Chancen auf einen Sitz hat, ist folgerichtig: Wer nicht mitmacht, ist als Partei unsichtbar. Aus demselben Grund kandidierte Richard Ammann damals für den Regierungsrat. Für die St.Galler BDP geht es jetzt darum, den Boden zu bereiten für spätere kommunale und kantonale Wahlen.
Die St.Galler BDP ringt um Stabilität, auch in der Parteileitung. Nach dem Abgang von Richard Ammann übernahm im Sommer 2016 der Buchser Michael Moser das Präsidium, schon im folgenden Frühling gab er das Amt wieder ab. Seither führt der Stadtsanktgaller Kenny Gubser die Partei. Der Betriebsökonom mit Jahrgang 1984 kündigte schon vor Monaten an, die BDP wolle mit einer eigenen Liste zu den nationalen Wahlen antreten. Jetzt bekräftigt er dieses Ziel – auch wenn ein Sitzgewinn in Bern utopisch sei. «Es geht für uns als Partei darum, zu zeigen, dass wir noch da sind.» Die Suche nach Kandidaten stehe noch am Anfang. Ganz auf sich allein gestellt ist Gubser in der Parteiführung nicht: «Wir sind im Vorstand ein Team von drei jungen Vätern.» Nebst Gubser sind dies Patrick Caminada und Nicolai Gempel.
Kenny Gubser ist im vergangenen Juli erstmals in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt – indirekt: Er kritisierte auf Twitter einen Fall von Ausländerhetze. Sein Thurgauer Parteikollege Thomas Keller schrieb dazu einen Kommentar, der als «Hitler-Tweet» in der ganzen Schweiz Schlagzeilen machte. Keller entschuldigte sich danach in aller Form. Dennoch schloss ihn die BDP Thurgau aus der Partei aus.
Gubser sagt, es sei wichtig, gegen Rassismus Position zu beziehen. «Manche Parteien distanzieren sich hier zu wenig klar.» Und gleichzeitig gelte: «Dass man sich gegen Rassismus ausspricht, heisst nicht, dass man politisch links steht.»