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Ostschweiz
Remo Stalder erfährt mit 26, dass er einen Sohn hat und nimmt ihn bei sich auf. Die Weihnachtsaktion Ostschweizer helfen Ostschweizern hat den Alleinerziehenden aus St.Gallen unterstützt.
Leonidas springt aufs Sofa, rennt durch den Spalt zwischen dem Rücken des Vaters und der Sofalehne und lässt sich in ein Kissen fallen. «Wenn er aus der Kita kommt, ist er häufig aufgedreht», sagt Vater Remo Stalder. Es ist ein Donnerstagabend im November, die beiden sind gerade heimgekommen. In der Stube mit den grossen Fenstern stehen eine Kugelbahn, Puzzle, Brettspiele und jede Menge Lego, noch mehr davon im Kinderzimmer. An Schrank und Tür haften Minions-Aufkleber, gelbe Comicwesen in Latzhosen. «Die mag ich», sagt Leonidas. Die Wohnung in der Stadt St.Gallen sieht aus wie ein Ort, an dem sich Vierjährige wie er wohlfühlen.
Vater und Sohn leben alleine hier. Remo Stalder, 29, ist gelernter Multimediaelektroniker und arbeitet heute als Elektriker, nebenbei macht er die Berufsmatura. Das Geld ist knapp. Die Zeit auch. Anfang vergangenen Jahres reduzierte der Alleinerziehende auf 80 Prozent, was sein Budget zusätzlich belastete. Mit der Krippenzahlung war er einen Monat in Verzug. Deshalb stellte seine Schuldenberaterin ein Gesuch bei «Ostschweizer helfen Ostschweizern» (OhO). 800 Franken erhielt Remo Stalder von der Spendenaktion. «Dafür bin ich sehr dankbar», sagt er.
Leonidas’ Mutter kann ihren Sohn nicht unterstützen – finanziell wie emotional. Sie wollte das Kind von Anfang zur Adoption freigeben. Die ersten Monate seines Lebens wuchs Leonidas bei einer Pflegefamilie auf. Als er acht Monate alt war, erhielt Remo Stalder einen Brief von seiner Beiständin. Darin stand, dass er als Leonidas’ Vater in Frage käme. «Ich war natürlich überrumpelt.» Ein Test bestätigte: Er war der Vater. Vier Monate war er mit Leonidas’ Mutter zusammen gewesen, dann ging die Beziehung auseinander. Dass sie schwanger war, wusste er nicht.
Gegenüber der Beiständin hatte Leonidas’ Mutter erwähnt, dass sie wisse, wer der Vater sei. Die Beiständin kontaktierte ihn schliesslich. Denn sofern der Vater bekannt ist, müssen beide Elternteile einer Adoption zustimmen. Der damals 26-Jährige stand vor der Entscheidung: seinen Sohn zur Adoption freigeben oder ihn zu sich nehmen.
Leonidas kuschelt sich an seinen Vater. Dann steigt er vom Sofa hinab, setzt sich auf den Boden und beginnt ein Puzzle. Stalder sagt:
«Ich finde, wenn ich ein Kind habe, muss ich auch Verantwortung übernehmen.»
Er habe nicht gewollt, dass Fremde seinen Sohn erziehen, die das vielleicht mit anderen Werten machen würden als er. Nach einer Probephase zog Leonidas bei ihm ein.
Das hat ihm den Respekt anderer Alleinerziehender eingebracht. Vor einigen Wochen war Stalder in der SRF-Sendung «Achtung Väter» zu sehen. «Es dauerte eine Weile, bis ich eine Bindung zu Leonidas aufgebaut hatte», sagt er. «Aber ich bin sehr froh, diese Entscheidung getroffen zu haben.» Stalders Mutter verbringt regelmässig Zeit mit ihrem Enkel, sein bester Kollege wohnt im gleichen Haus.
«Ja, es ist viel. Aber ich kann es mir anders nicht mehr vorstellen.»
Leonidas legt sein Puzzle beiseite und geht zu seinem Vater. Zeit für den Znacht.
«Ostschweizer helfen Ostschweizern» (OhO), unterstützt Menschen in der Region. Träger des Vereins sind das «St. Galler Tagblatt», seine Regionalausgaben, das Ostschweizer Fernsehen TVO und Radio FM1. OhO will entlasten und eine Freude bereiten. Das Geld wird möglichst bis Weihnachten überwiesen. Spenden kann jeder, auch kleine Beträge helfen. OhO unterstützt Einzelpersonen und Familien aus den Kantonen St. Gallen, Thurgau und den beiden Appenzell. Bis 30. November können Privatpersonen, Sozialämter und Hilfswerke Gesuche einreichen. Über die Spendenvergabe entscheidet der ehrenamtliche Beirat, präsidiert von der ehemaligen Ausserrhoder Nationalrätin Marianne Kleiner. (kbr)
Spenden können Sie unter:
tagblatt.ch/oho/ohospenden
St.Galler Kantonalbank, IBAN: CH16 0078 1600 1582 4200 0