Persönlicher Angriff auf Klöti und Buhrufe: St.Galler Parlament streitet über Kinderbetreuung

Der Bericht der St. Galler Regierung zur familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung hat zu einer hitzigen Debatte geführt. SVP-Kantonsrat Karl Güntzel erhielt Buhrufe für sein Votum.

Katharina Brenner
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Regierungsrat Martin Klöti. (Bild: Ralph Ribi)

Regierungsrat Martin Klöti. (Bild: Ralph Ribi)

Der Umstand, dass die ausgezeichnete Ausbildung vieler Frauen verkümmere, sei «ein Unsinn». Dies sagte FDP-Kantonsrat Thomas Ammann am Dienstag im St. Galler Parlament. Das Potenzial von Frauen als Mittel gegen den Fachkräftemangel war der Hintergrund des Berichts zur familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung im Kanton. Dieser wurde in einziger Lesung beraten. Alle Fraktionen unterstützten ihn, einzig eine Minderheit der SVP nicht.

Dem Bericht liegt eine Infras-Studie zu Grunde, die den Mangel an Betreuungsplätzen im Kanton aufzeigt, vor allem in ländlichen Gebieten. Der Versorgungsgrad von sechs Prozent liege deutlich unter dem schweizerischen Durchschnitt von zehn Prozent. Die Regierung formuliert im Bericht Massnahmen, darunter ein Monitoring der Angebote in Gemeinden und der Ausbau von Tagesstrukturen.

SVP-Vertreter warnt vor Aktionismus

Während Dario Sulzer (SP) die finanzielle Belastung der Familien als zu hoch und die Massnahmen als «eigentlich zu zurückhaltend» bezeichnete, warnte Toni Thoma (SVP) die bürgerlichen Parteien vor gesetzlichen Pflichten zu Tagesstrukturen. Er frage sich, wo die Eigenverantwortung der Wirtschaft bleibe. Man habe ihn beschwichtigt, es sei nur eine Kenntnisnahme. Doch wer den Bericht akzeptiere, sende ein positives Signal an die Regierung. Es brauche keinen Aktionismus in dieser Sache und schon gar keine neuen Gesetze.

Regierungsrat Martin Klöti, Vorsteher des Departements des Innern, freute sich über die Eintretensdebatte. Voller Verve führte er aus, dass der Bericht nur aufgezeigt habe, welche Möglichkeiten es gäbe. Massnahmen müssten durchs Budget. In einer Familie müssten sich zwei Elternteile organisieren. Wer wie viel arbeite, werde frei entschieden. Trotzdem sollte der Staat gute Rahmenbedingengen schaffen.

SVP-Kantonsrat Karl Güntzel bedankte sich bei Klöti für den «theatralischen Auftritt». Er sei «ein bisschen hellhörig geworden, als Klöti von beiden Elternteilen sprach. Man sollte darüber reden, was man kennt, und nicht, was man nicht kennt». Es folgten Buhrufe aus dem Parlament.

Nachdem dieses mit 87 zu 24 Stimmen auf den Bericht eingetreten war, ergriff in der Spezialdiskussion SP-Kantonsrat Martin Sailer das Wort und sagte zu Güntzel:

«Sie nerven mit Ihren diskriminierenden Aussagen. Das geht nicht. Ich hoffe auf eine Entschuldigung.»

Diese blieb aus. Innert Kürze war die Spezialdiskussion erschöpft. «Das ging nun sehr schnell», meinte Klöti. «Vielleicht, weil Sie den Bericht gelassen nehmen, vielleicht waren Sie aber auch geschockt, weil sich ein Mitglied des Rats ein schlechtes Zeugnis ausgestellt hat.» In Richtung Güntzel fügte er hinzu: «Ich denke, Sie haben daraus gelernt.»