Per Klick zur Klinik: So finden Sie das beste Ostschweizer Spital

Onlineplattformen versprechen Hilfe bei der Auswahl des richtigen Spitals. Doch die Vergleichsdaten sind zum Teil schwer verständlich. Dies zeigt ein Blick in die Ostschweizer Spitallandschaft.

Michael Genova
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Auf Online-Plattformen erfahren Patienten, mit welchen Eingriffen Spitäler am meisten Erfahrung haben. (Bild: Illustration: Patric Sandri)

Auf Online-Plattformen erfahren Patienten, mit welchen Eingriffen Spitäler am meisten Erfahrung haben. (Bild: Illustration: Patric Sandri)

Dies ist ein Artikel der «Ostschweiz am Sonntag». Die ganze Ausgabe lesen Sie hier.

Früher hatten die Götter in Weiss immer recht. Die Hausärzte empfahlen ein Spital – und die Patientinnen und Patienten folgten fast blind ihrem Rat. Doch seit Einführung der freien Spitalwahl im Jahr 2012 bietet sich eine steigende Zahl von Vergleichsportalen als Wegweiser an.

Wer zum Beispiel seine Gallenblase entfernen muss, kommt heute mit wenigen Klicks zu einer Fülle an Informationen. Am Kantonsspital St. Gallen wurde diese Operation 2016 exakt 398-mal durchgeführt. Am Kantonsspital Münsterlingen waren es 338 Eingriffe, in den Spitälern des Ausserrhoder Spitalverbunds lediglich 82. Zu finden sind diese sogenannten Fallzahlen unter anderem auf der Plattform Spitalfinder.ch, welche der Krankenkassenverband Santésuisse und das Schweizerische Konsumentenforum gemeinsam betreiben.

Spitalsuche für die digitale Generation

In den vergangenen Jahren sind zahlreiche solcher Suchmaschinen entstanden. Sie wollen den Patienten helfen, das «richtige Spital» zu finden. Im Zentrum der Vergleiche steht meist die Fallzahl, die ausdrückt, wie oft eine Operation an einem Spital durchgeführt wird. Die Annahme: Je höher die Fallzahl, desto erfahrener sind die Operateure. Daneben erfährt man auch, wie häufig es zu Wundinfekten kommt, wie zufrieden die Patienten mit der Behandlung sind und wie weit das Spital vom Wohnort entfernt ist.

Auch der Spitalverband H+ betreibt eine Plattform namens Spitalinfo.ch, die erst kürzlich überarbeitet wurde. Sie richtet sich laut Direktorin Anne-Geneviève Bütikofer vor allem an die sogenannten Digital Natives, die junge Generation, die mit dem Internet aufgewachsen ist. Dazu kommen als Zielpublikum alle Altergruppen, die sich privat oder beruflich regelmässig im Internet bewegen. Oft hätten junge Menschen keinen Hausarzt und informierten sich deshalb direkt im Internet über einen bevorstehenden Eingriff, sagt Bütikofer. Ältere Patienten hingegen vertrauten überwiegend der Empfehlung ihres Hausarztes.

Mehrheit verlässt sich auf Rat der Hausärzte

Dies zeigt auch der neueste Spital- und Klinikbarometer, die jährlich durchgeführte Umfrage von H+. So verlassen sich noch immer 89 Prozent der Befragten darauf, dass sie ihr Arzt oder ihre Ärztin in eine geeignete Einrichtung überweist. Gleichzeitig steigt aber auch die Zahl jener Patienten, die bei einem gesundheitlichen Problem in Internet recherchieren: 42 Prozent der Befragten geben an, dass sie dabei die gewünschten Informationen gefunden hätten.

Für diejenigen, die im Internet suchen, sind laut Bütikofer vor allem zwei Angaben hilfreich: Die Qualität der ­Behandlung und die Fallzahlen. Beide Werte sind in den Spitalprofilen auf ­Spitalinfo.ch hervorgehoben. Die Qualitätswerte basieren auf regelmässigen Patientenbefragungen des Vereins ANQ. Zudem verarbeiten die meisten Plattformen die medizinischen Daten des Bundesamts für Statistik.

Für Laien schwer verständlich

Vergleicht man auf Spitalinfo.ch die Qualitätswerte einiger Ostschweizer Spitäler, fällt auf, dass sie sehr nahe zusammenliegen. Das Kantonsspital St. Gallen erzielte bei der Behandlungsqualität 2017 einen Wert von 4,2 von maximal 5 Punkten, das Kantonsspital Münsterlingen landete bei 4,3. Das krisengeschüttelte Spital Heiden kam sogar auf einen Wert von 4,4 – im kleinen Landspital waren die Patienten offenbar zufriedener als in den grossen Kantonsspitälern. Benutzern dürfte es allerdings schwerfallen, aus solchen Unterschieden im Nachkommabereich Schlüsse für ihre Spitalwahl zu ziehen.

Für Barbara Zinggeler, Geschäftsführerin der Ärztegesellschaft des Kantons St. Gallen, stehen die Online-Plattformen noch am Anfang ihrer Entwicklung. «Für Laien sind die Daten schwer verständlich.» Die Mehrheit der Patienten verlasse sich nach wie vor auf die Empfehlungen ihrer Vertrauensärzte. Betreiber wie H+ betonen, dass sie mit dem Aufbau von Vergleichsportalen die Transparenz im Gesundheitswesen erhöhen wollen. «Auch wir arbeiten an dieser Entwicklung», sagt Zinggeler. Es sei wichtig, dass Patienten die Möglichkeit haben, sich über die Qualität der Spitäler zu informieren. Sie beobachtet, dass die Plattformen zunehmend als ergänzende Informationsquelle genutzt werden. «Ich glaube aber nicht, dass das Internet die ärztliche Beratung ersetzen wird. Das kann es auch nicht.»

Eine brisante Frage ist allerdings, ob Vergleichsportale langfristig das Verhalten der Patienten beeinflussen könnten. In der Debatte um die St. Galler Spitalstandorte kritisieren etwa Gesundheitsökonomen, dass nur wenige Daten über die Qualität von Spitälern existierten. Könnte die Verbreitung solcher Portale dazu beitragen, dass sich Patienten häufiger für das beste Spital entscheiden und nicht für das nächst gelegene? «Bei der Spitalwahl gibt es psychologische Aspekte, die man nicht unterschätzen sollte», sagt Barbara Zinggeler. So scheuten sich vor allem ältere Menschen, sich ausserhalb ihres Wohnkantons behandeln zu lassen. Gleichzeitig sei aber klar, dass die Kantone die Gesundheitsversorgung vermehrt in regionalen Räumen planen müssten.

Patientenzufriedenheit ist ein unscharfer Wert

Es gibt mittlerweile so viele Vergleichsdienste, dass die Orientierung schwerfällt. Am einfachsten lässt sich Spitalfinder.ch bedienen. Spitalinfo.ch vom Spitalverband H+ besticht durch die Menge an Informationen, die für Laien allerdings nicht immer selbsterklärend sind. Welches-Spital.ch ordnet die Spitäler in Ranglisten und bietet die Möglichkeit, eigene Bewertungen abzugeben. Auch das private Vergleichsportal Comparis hat ein Angebot entwickelt. Allerdings können Patienten die Datenbank nur nach Fachgebieten durchsuchen – hilfreich wäre eine Suche nach konkreten Eingriffen. Das Angebot des Preisüberwachers konzentriert sich auf die Kosten: Es vergleicht die Tarife für zwanzig häufige Spitalbehandlungen.

Erika Ziltener, Präsidentin des Dachverbands Schweizerischer Patientenstellen, glaubt, dass Vergleichsportale für die Mehrheit der Patienten nicht sehr viel bringen. Die Qualitätsdaten seien oft schwer verständlich und basierten mehr oder weniger auf Selbstangaben der Spitäler. Für die Benutzer sei es schwierig zu beurteilen, ob die Informationen aktuell und vollständig seien. Dazu komme, dass die Patientenzufriedenheit ein unscharfer Wert sei. Sie hängt laut Erika Ziltener stark von der Art der Erkrankung und den Behandlungsmöglich­keiten ab. «Ein an Krebs erkrankter Patient ist an sich unzufriedener. Weil er auf einen Befund warten muss, und weil er Angst hat.»

Zurzeit sieht Erika Ziltener keine Alternative zur ärztlichen Empfehlung oder zum Besuch einer Beratungsstelle. Vergleichsportale könnten bei Routine-Operationen zwar eine gewisse Orientierung bieten. Doch spätestens bei schweren Erkrankungen führe kein Weg am medizinischen Experten vorbei. «In einer solchen Ausnahmesituation wollen Patienten sich nicht auf eine Website verlassen – und sollen es auch nicht.» Bei der Behandlung von Krebserkrankungen empfehle die Patientenstelle sogar, immer eine Zweitmeinung einzuholen.

Auf diesen Plattformen können Sie Spitäler vergleichen

Spitalinfo
Betreiber dieses Portals ist der Spitalverband H+. Das Angebot enthält Fallzahlen und detaillierte Angaben zur Qualität der Spitäler. Unter anderem können die vollständigen Qualitätsberichte heruntergeladen werden. Spitalinfo.ch bietet zudem eine kostenlose Notfall-App an.
www.spitalinfo.ch

Spitalfinder
Spitalfinder.ch wird vom Krankenkassenverband Santésuisse und vom Schweizerischen Konsumentenforum betrieben. Es ist das bislang benutzerfreundlichste Portal. Ein elektronischer Assistent führt die Patienten mit Fragen schrittweise zur gewünschten Information.
www.spitalfinder.ch

Welches-Spital.ch
Hinter diesem Angebot steht der gemeinnützige Verein Spitalvergleich Schweiz. Sein Ziel ist nach eigenen Angaben die Förderung der Transparenz im Schweizerischen Gesundheitswesen. Welches-Spital.ch stellt die Suchresultate als Rangliste mit den besten 20 Spitälern dar.
www.welches-spital.ch

Comparis.ch
Das private Vergleichsportal Compa­-­
ris.ch bietet seit einiger Zeit auch eine eigene Spitalsuchmaschine an. Benutzer können Spitäler nach Fachgebieten durchsuchen. Eine Suche nach konkreten Operationen – wie bei Spitalfinder.ch – ist hingegen nicht möglich.
www.comparis.ch

Preisüberwacher
Ein anderes Ziel als die übrigen Portale verfolgt der Spitalvergleich des Preisüberwachers. Das Angebot vergleicht die Tarife für zwanzig häufige stationäre Spitalbehandlungen. Dazu gehören etwa die Entfernung der Gallenblase oder die Implantation eines künstlichen Hüftgelenks.
www.spitaltarife.preisueberwacher.ch