Ein Laden in St.Gallen verkauft seit kurzem Cannabis - ganz legal. Das THC-arme Hanfkraut berauscht nicht und trifft doch auf rege Nachfrage. Die Suchtberatung sieht darin eine Chance für langjährige Kiffer.
In einen Laden spazieren und legal Cannabis kaufen – seit drei Monaten ist dies in St.Gallen möglich. Im Onlinehandel kann man das Kraut in der Schweiz schon seit drei Jahren kaufen, doch der «Breakshop» hat es erst kürzlich ins Sortiment aufgenommen. Er bietet das Hanfkraut in Form von Pasten, Crèmes, Ölen und Blüten an. Doch das Cannabis ist kein gewöhnliches: Es enthält kaum psychoaktives Tetrahydrocannabinol (THC) und hat deshalb keine berauschende Wirkung. Stattdessen weist der Stoff einen hohen Anteil an Cannabidiol (CBD) auf. Diesem Stoff werden zahlreiche Heilkräfte nachgesagt. Er soll entzündungshemmend und antibakteriell wirken, gegen Epilepsie und Psychosen helfen und sogar Krebszellen zerstören.
Bei all diesen Anpreisungen verwundert es nicht, dass auch die Nachfrage gross ist. Mehrmals täglich muss Verkäufer Vincent Heeb im «Breakshop» über CBD-Produkte Auskunft geben. «Alle möglichen Leute interessieren sich für das Cannabis.» Zwar würden vorwiegend Jüngere die Blüten kaufen, doch es gebe auch ältere Konsumenten der Hanfprodukte. Viele Kunden kämen, weil sie Cannabis konsumieren und gleichzeitig alltagstauglich bleiben möchten. Manche sagten, es lindere Schmerzen, andere seien einfach neugierig. Die Preise der CBD-Produkte hielten jedoch viele vom Kauf ab.
Billig sind sie in der Tat nicht. Zehn Gramm CBD-Cannabis kosten 67 Franken. Das ist rund dreimal mehr als für herkömmlichen Tabak. Der «Breakshop» bezieht seine Ware von der Firma Biocan im Kanton Schaffhausen. Der Wirkstoff CBD fällt nicht unter das Betäubungsmittelgesetz, deshalb braucht es vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) keine Bewilligung für den Handel.
Verkauf, Konsum und Produktion von Hanf mit weniger als einem Prozent THC sind in der Schweiz legal, da er keine psychotrope Wirkung hervorruft. Dennoch ist der Umgang mit Cannabis nicht gern gesehen. Dario Tobler, Geschäftsführer der Biocan AG, sagt, es sei wegen des Hanffeldes schon zu überraschenden Polizeikontrollen und Anrufen besorgter Bürger gekommen. Der schlechte Ruf von Cannabis ruft nicht nur den Staat auf den Plan, sondern erschwert auch die Zusammenarbeit mit den Kreditinstituten. Der Geschäftsführer der Biocan erzählt, dass Banken schon Konten gesperrt hätten, weil sie nicht mit einer Firma zusammenarbeiten wollen, die mit Cannabis handelt. Konsumenten, die den CBD-Hanf online beziehen, können auch nicht mit Kreditkarte bezahlen, da sich kein Kartenunternehmen zur Zusammenarbeit bereit erklärt hat.
Dabei würde sich eine Kooperation durchaus lohnen, denn CBD liegt im Trend. «Der Absatz steigt pro Jahr um 100 Prozent», sagt Bernadette Braun, Mitinhaberin einer CBD-Produktionsfirma im Aargau. Konkrete Zahlen wollen der «Breakshop» und die Hersteller nicht nennen.
Das THC-arme Cannabis ist weder von Auge noch durch den Geruch von THC-haltigem zu unterscheiden. Deshalb stellt die Polizei bei Kontrollen auf der Strasse jeweils alle Hanfprodukte sicher. Machen Kiffer geltend, es handle sich um nichtberauschenden Hanf, wird dies im Labor abgeklärt. Bei Drogenhanf erfolgt eine Anzeige. «Handelt es sich um CBD-Hanf, wird er zurückgegeben, und der Konsument bleibt straffrei», sagt Gian Andrea Rezzoli, Sprecher der Kantonspolizei St.Gallen.
Was denkt die Suchtberatung über Cannabis, das nicht berauscht? Laut Jürg Niggli, Geschäftsleiter der Stiftung Suchthilfe, stammen die für Körper und Psyche problematischen Auswirkungen vor allem vom THC. «Für langjährige THC-Konsumenten ist der Umstieg auf CBD-Cannabis demnach sinnvoll.»
Für Neueinsteiger oder Jugendliche sei der Konsum von CBD-Gras dagegen nicht ratsam. «Man darf den Wirkstoff nicht verharmlosen. Jedes Cannabisprodukt ist für Körper und Psyche riskant.» Vor allem für Jugendliche bestehe Gefahr, da sie sich noch im Entwicklungsstadium befänden. «Da ist jede psychoaktive Substanz fehl am Platz», sagt Niggli. Bei Erwachsenen sei er jedoch toleranter, denn eine Verteufelung des Cannabis sei nicht angebracht. Zur medizinischen Anwendung sei Hanf wertvoll. «Ich bin für eine Legalisierung von Cannabis, jedoch mit starkem Jugendschutz, lizenziertem Anbau und Verkauf sowie klarer Produktedeklaration.»