NEONAZI-KONZERT IN UNTERWASSER: "Filmender Polizist hätte ums Leben fürchten müssen"

Polizeikommandant Bruno Zanga erklärt, weshalb eine polizeiliche Intervention während des Neonazi-Konzerts in Unterwasser zu einer Eskalation geführt hätte. Zudem lobt er das mutige Verhalten des Einsatzleiters.

Tim Naef
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Der Kommandant der St.Galler Kantonspolizei Bruno Zanga ist überzeugt, dass die Polizei richtig gehandelt hat. (Bild: Ralph Ribi)

Der Kommandant der St.Galler Kantonspolizei Bruno Zanga ist überzeugt, dass die Polizei richtig gehandelt hat. (Bild: Ralph Ribi)

Herr Zanga, mindestens so wichtig wie «die blosse Aufrechterhaltung einer scheinbaren Ruhe» sei die Durchsetzung des Rechtsstaats, liess die St.Galler SP verlauten. Was sagen Sie zu dieser Kritik in Sachen Neonazi-Konzert von Unterwasser?
Bruno Zanga: Ich nehme sie zur Kenntnis. Dennoch bin ich noch immer davon überzeugt, dass wir richtig gehandelt haben. Für uns stand die Sicherheit stets im Vordergrund, die Strafverfolgung war sekundär.

Hätte man die Veranstaltung nicht einfach auflösen können?
Zanga:Als wir schliesslich vor Ort waren, hatten sich schon über 1000 Konzertbesucher in Unterwasser eingefunden. An eine polizeiliche Intervention war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu denken. Dazu wären mehrere hundert, wenn nicht tausend Polizisten nötig gewesen.

Wie viele Kräfte hätten in einem Notfall aufgeboten werden können? Und wie schnell?
Zanga: Dazu kann ich aus taktischen Gründen keine Angaben machen.

Wie viele waren vor Ort?
Zanga:Auch darüber will ich keine Auskunft geben.

In einer Medienmitteilung schreibt die Polizei, dass sie die Zufahrtsstrecken und einzelne Fahrzeuge mit deren Insassen kontrollierte. In der Halle selbst war also gar kein Polizist?
Zanga:Doch. Der Einsatzleiter hat sich uniformiert in die Halle gewagt, um mit den Verantwortlichen zu sprechen. Mann muss erstmal den Mut aufbringen, in kompletter Polizeiuniform in eine Halle voller gewaltbereiter Rechtsradikaler zu gehen.

Videoaufnahmen wurden jedoch keine gemacht, obwohl diese für eine anschliessende Strafverfolgung hilfreich gewesen wären.
Zanga: Das wäre grob fahrlässig gewesen. Ein filmender oder fotografierender Polizist hätte um sein Leben fürchten müssen. Der wäre unter Umständen nicht mehr lebend aus der Halle gekommen. Wir mussten ja davon ausgehen, dass diese Personen gewaltbereit sind. Der Einsatzleiter hat aber seine Feststellungen aus der Tennishalle der Staatsanwaltschaft weitergegeben, und diese prüft nun, ob gestützt darauf ein Strafverfahren durchgeführt werden kann.

Der St.Galler Sicherheitschef Fredy Fässler sagte, dass das Konzert lediglich mit einer längeren Vorlaufzeit hätte verhindert werden können. Von was für einer Zeitspanne reden wir hier?
Zanga: Wie gesagt, es waren bereits 1000 Leute in Unterwasser als die Polizei eingetroffen ist. Wir hätten mehrere Stunden vor dem Eintreffen der ersten Besucher wissen müssen, wo das Konzert stattfindet. Nur dann wäre es möglich gewesen, die Durchführung polizeilich zu verhindern.