Schulpolitik
Land gegen Selbstaufgabe: Arboner Politiker setzen kleiner Schulgemeinde das Messer an den Hals

Diverse Stadtparlamentarier wollen die widerwillige Primarschulgemeinde Stachen mit mehr oder weniger sanftem Druck zur Fusion mit der Primarschule Arbon bewegen.

Markus Schoch
Drucken
Das Schulhaus in Stachen gegenüber der Mosterei Möhl.

Das Schulhaus in Stachen gegenüber der Mosterei Möhl.

Bild: Max Eichenberger

Auf Arboner Boden gibt es als Relikt früherer politischer Strukturen drei Primarschulgemeinden. Eine grosse mit dem Namen Arbon (1000 Schülerinnen und Schüler) und zwei kleine in den Ortsteilen Frasnacht (150) und Stachen (70). Seit Jahren ist eine Fusion der drei Körperschaften ein Thema, zuletzt 2021 im Zusammenhang mit der Diskussion um eine Einheitsgemeinde, deren Bildung im Moment aus verschiedenen Gründen unrealistisch ist.

Die beiden kleinen Primarschulgemeinden wollen jedoch selbstständig bleiben. Die Frasnachter Schulbehörde hat sich vor gut einem Jahr ausdrücklich gegen einen Zusammenschluss mit Arbon und Stachen ausgesprochen. Und selbst wenn sie offen dafür wäre: Die Schulbürger würden nie und nimmer mitmachen, sagte der frühere Arboner Stadtpräsident Dominik Diezi im Dezember 2021 im Parlament. Und er meinte damit ausdrücklich auch diejenigen in Stachen, wo der heutige Regierungsrat wohnt. «Da hat man Angst, wenn die eigene Primarschulgemeinde weggeht, dass dann das Schulhaus verloren geht, dass es geschlossen wird oder das Ruder von der grossen Primarschulgemeinde Arbon übernommen wird und dass dann hier fertig ist mit unserem schönen Schulhaus.»

Politiker nehmen Sportplatz als Druckmittel

Die Stachener geraten jetzt aber wegen der hohen Schülerzahlen unter Umständen in Zugzwang, den Anschluss an Arbon ernsthaft zu prüfen. Der Grund: Die Schulbehörde denkt laut über den Bau von zusätzlichem Schulraum auf dem Sportplatz neben dem heutigen Schulhaus nach. Das Problem: Das Grundstück mit einer Fläche von rund 3'000 Quadratmetern gehört der Stadt Arbon. Stadtpräsident René Walther hat zwar an der letzten Schulgemeindeversammlung Anfang September signalisiert, Hand für eine Landabtretung zu bieten. Doch im Parlament regt sich jetzt Widerstand.

Fünf Vertreter von FDP, SVP und der Mitte legen sich quer. Sie sind nicht gegen den Bau eines neuen Schulhauses auf der Sportplatz-Parzelle. Doch es müsse auch Platz bieten für Schülerinnen und Schüler aus Arbon, schreiben sie in einem am Dienstag eingereichten Vorstoss. Denn die Primarschulgemeinde der Stadt brauche gemäss Prognosen in den nächsten Jahren ebenfalls mehr Schulraum und eine Turnhalle. Einen Alleingang der Primarschule Stachen lehnt das Quintett ab.

Wink mit dem Zaunpfahl

Überlassen wollen die fünf Politikerinnen und Politiker das Grundstück nur einer Körperschaft, «welche die gemeinsame Nutzung dieser Parzelle und der benachbarten Schulhausparzelle für alle Primarschülerinnen und -schüler des nahen Gebietes von Stachen und Arbon ermöglicht», wie es im Postulat heisst. Und jetzt kommt der springende Punkt: Administrativ sei die Vorgabe am einfachsten durch die Fusion der beiden Primarschulgemeinden zu erfüllen, schreiben Riquet Heller (FDP), Rico Baettig (FDP), Migga Hug (die Mitte), Bill Mistura (SVP) und Reto Neuber (die Mitte). Mit dem Zusammenschluss könnte die Identität Arbons gestärkt «und der Kleingeist vergangener Zeiten überwunden werden».

Vom Stadtrat erwarten die Vorstösser einen Bericht «über die Zweckmässigkeit und Angemessenheit des Überlassens der Parzelle an die Primarschulgemeinde Stachen oder an eine andere Körperschaft». Die Behörde muss an der übernächsten Sitzung voraussichtlich am 21. März Stellung zum Antrag nehmen. Danach entscheidet das Parlament, wie es weiter gehen soll. Überweist es das Postulat, ist der Stadtrat gehalten, innert vier Monaten einen schriftlichen Bericht abzuliefern.

Für Heller und Co. ist klar: «Aus Geiz hat es Arbon (...) vor 100 Jahren verpasst, die armen Vorortsgemeinden einzugliedern. Arbon zahlt dafür seit Jahrzehnten einen hohen Preis: Es gilt als kompliziertes, zerstrittenes Gebilde mit wenig Identität und Durchschlagskraft. Damit ist Schluss zu machen.»