Nach Flugverspätung: Edelweiss bleibt bei Egnacher Familie stur, einer anderen zahlt sie eine Entschädigung

Eine Familie aus dem Thurgau hat von der Fluggesellschaft Edelweiss wiederholt eine Entschädigung eingefordert. Grund war eine zehnstündige Flugverspätung. Sie erhielt jedoch kein Geld von Edelweiss, andere Fluggäste hingegen schon.

Alexandra Pavlovic
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Edelweiss hat zwei identische Schadensfälle ungleich behandelt. Eine Familie aus Egnach hatte das Nachsehen. (Bild: KEYSTONE/Walter Bieri)

Edelweiss hat zwei identische Schadensfälle ungleich behandelt. Eine Familie aus Egnach hatte das Nachsehen. (Bild: KEYSTONE/Walter Bieri)

«Sozial ungerecht und einfach nur bizarr.» Dieter Duckert erinnert sich ungern an seine Ferien. Zusammen mit seiner Frau Simone und den beiden sechs- und achtjährigen Söhnen wollte die Familie aus Egnach Ende Mai eine Woche auf der griechischen Insel Kos verbringen. Doch der Flug verlief alles andere als optimal. Statt wie geplant um 6.25 Uhr mit einer Edelweiss-Maschine von Zürich abzufliegen, hob das Flugzeug nach Kos erst um 17 Uhr ab – rund zehn Stunden später. Für die vierköpfige Familie ist das ein Schock gewesen, wie der Familienvater sagte.

Happy End für andere Fluggäste

Wieder zurück in der Schweiz forderte die Familie von Edelweiss eine Entschädigung, doch die Fluggesellschaft lehnte den Antrag ab. Ausgleichszahlungen bei Abflugverspätungen von mehr als drei Stunden würden wohl für einige EU-Mitgliedstaaten gelten, nicht aber für die Schweiz, so die Begründung

Wie sich im Nachhinein herausgestellt hat, war Familie Duckert nicht die einzige, welche eine Entschädigung von Edelweiss eingefordert hatte. Eine andere Schweizer Familie war auf dem gleichen Flug und hatte dasselbe Chaos erlebt. In ihrem Fall gab es jedoch ein Happy End.

Zwei identische Fälle, zwei ungleiche Entscheide

Nachdem Edelweiss auch der Zürcher Familie zunächst eine Absage erteilte und nicht zahlen wollte, beauftragte deren Reiseplanerin die Fluggastrechtsversicherung Flightright mit dem Fall. Das deutsche Unternehmen setzt sich für die Rechte von Fluggästen ein und hat den Fall der Zürcher Familie übernommen. Mit Erfolg: Edelweiss zahlte eine Entschädigung von rund 1750 Franken. Die Reiseleiterin der Zürcher Familie überbrachte die positive Nachricht nicht nur ihren Kunden, sondern auch Familie Duckert. «Sie hat uns geraten, unseren Fall ebenfalls an Flightright zu übergeben», sagt der Thurgauer Familienvater. Gesagt, getan.

Dieter Duckert kontaktierte das Unternehmen und schickte alle nötigen Unterlagen zu. Nach anfänglicher Prüfung dann die gute Nachricht: Flightright nahm sich ihres Falls ebenfalls an – schliesslich waren es identische Schadensfälle. Die Hoffnung, vielleicht doch noch eine Entschädigung zu erhalten, keimte bei Duckerts wieder auf. Doch die Familie aus Egnach wurde erneut enttäuscht. Edelweiss blieb ein weiteres Mal stur.

«Kurz nach unserer Kontaktaufnahme kam die Ablehnung mit der Begründung, die Verordnung wäre auf diese Flugkonstellation nicht anwendbar, so dass sie die Kunden nicht entschädigten», sagt Stefanie Müller, Pressesprecherin von Flightright. Gemäss der Expertin wenden die Schweizer Gerichte die EU-Fluggastrechteverordnung weiterhin nur auf deren Wortlaut eingeschränkt an. Bei verspäteten Flügen sehe die Verordnung keine Entschädigung vor. Wie aber kann es sein, dass eine Familie Geld erhält und eine andere nicht? Müller erklärt:

«Für Aussenstehende mag das grotesk wirken, aber bei Airlines ist es leider gängige Praxis, dass nicht immer alle Schadensfälle gleich behandelt werden.»

Die Familie aus Zürich hatte somit Glück, Familie Duckert das Nachsehen. «Für Schweizer Konsumenten sind solche Entscheide sehr frustrierend.»

Edelweiss hält sich bedeckt

Auf Nachfrage will sich Edelweiss zu den Fällen nicht im Detail äussern. Nur so viel: «Wir bearbeiten alle Kundenbeschwerden gleichwertig und im Rahmen der gültigen Rechtsprechung. Im vorliegenden Fall hätte es demnach nie zu einer Entschädigungszahlung kommen dürfen. Wir sind dem nachgegangen und haben entsprechende Massnahmen getroffen.» Aus Kulanzgründen sehe man aber davon ab, den Betrag der Zürcher Familie zurückzufordern.