Startseite
Ostschweiz
Die Neuorganisation bei den Kunstturnerinnen und Kunstturnern in der Sportarena Wil geht weiter: Der US-Amerikaner Christopher Lakeman wird neuer Cheftrainer der Frauen sowie Technischer Direktor. Eszter Kissné Horvath, aktuelle Cheftrainerin, wird Assistenztrainerin – trotz laufendem Gerichtsverfahren gegen ihren Mann und Ex-RLZO-Cheftrainer wegen Kindesmissbrauchs.
Das Ziel des neuen Präsidenten des Regionalen Leistungszentrums Ostschweiz (RLZO) für Kunstturnen in Wil ist klar: Die Leistungssportart soll in der Ostschweiz ihren guten Ruf zurückgewinnen.
Auch mit neuem Personal, wie der Verein am Dienstag an einer virtuellen Medienkonferenz bekanntgegeben hat: Der neue Cheftrainer der Frauen heisst Christopher Lakeman, ist US-Amerikaner und arbeitet zurzeit in Deutschland als Cheftrainer der Kunstturnregion Karlsruhe. Der Kunstturner und erfahrene Trainer mit Jahrgang 1979 wird in Wil zu 40 Prozent als Technischer Direktor und zu 60 Prozent als Cheftrainer am Leistungszentrum tätig sein.
«Wir erwarten von ihm als ausgewiesenem Kunstturnexperten auf höchstem internationalen Niveau neue technische, didaktische und ganzheitliche Trainingsansätze», sagt Alexander Brochier, Präsident des Vereins RLZO. Lakeman ist ehemaliger US-Meister an den Ringen und trainierte Kunstturnteams in den USA, Australien und Deutschland.
Eszter Kissné Horvath, die Ehefrau des wegen Kindesmissbrauchs angeklagten Ex-Cheftrainers des RLZO, hatte interimsmässig den Posten ihres Mannes übernommen. Sie bleibt dem Verein vorläufig erhalten und wird vollamtliche Assistenztrainerin.
Dies, weil sie eine «geschätzte Mitarbeiterin» sei, die viel Wissen weitergeben könne und für Kontinuität stehe, begründet RLZO-Präsident Alexander Brochier den Entscheid, sie weiterhin am RLZO zu beschäftigen. Ihrem Mann wird vorgeworfen, eine Turnerin mehrfach sexuell missbraucht und genötigt zu haben, als diese noch minderjährig war. Die St.Galler Staatsanwaltschaft hat vor kurzem Strafklage gegen ihn erhoben.
Es bestehe keinerlei Kontakt mehr zwischen dem Leistungszentrum und dem ehemaligen Trainer, der im vergangenen August nach seiner Verhaftung freigestellt und später entlassen worden war, sagt Brochier. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass seine Frau weiterhin als Trainerin des Frauenkaders arbeite.
Der Ruf des Leistungszentrums in Wil ist nach Skandalen und Streitereien ramponiert. Auch um die Finanzen des RLZO steht es schlecht. Allein 175'000 Franken Schulden wurden beim kürzlichen Vorstandswechsel übernommen.
Ein neuer Vorstand um Präsident Alexander Brochier versucht nach dem Abgang der Vorgängertruppe unter Präsident Willi Aurich und Vize Bruno Strub nach Kräften zu retten und kitten, was geht.
So sucht der neue Präsident nicht nur das Gespräch mit Satellitenvereinen, die dem RLZO nach Konflikten mit dem alten Vorstand davongelaufen waren. Es wird am Zentrum auch ein Vertrauensteam ins Leben gerufen.
Dieses besteht aus ehrenamtlich tätigen Fachleuten aus dem Bereich Psychiatrie und Betreuung:
sollen als Anlaufstelle für alle möglichen Fragen, Sorgen und Nöte der Turnerinnen und Turner zur Verfügung stehen.
Künftig soll jedem Kind oder Jugendlichen eine der drei Vertrauenspersonen zugeteilt werden. Damit möchten die Vereinsverantwortlichen Fälle wie jenen der RLZO-Turnerin vermeiden, die ihren Trainer anzeigte und sich in der Folge vom Verein so im Stich gelassen fühlte, dass sie ihre Karriere beendete.
Das Leistungszentrum, das die besten Turnerinnen und Turner der Ostschweizer Turnvereine von Thurgau bis Graubünden auf nationale Karrieren vorbereiten soll, vermeldet ausserdem einen prominenten Neuzugang in der Halle in Wil: Kunstturner Pablo Brägger, der bisher am Nationalen Sportzentrum in Magglingen trainierte, wird schon bald drei Wochen pro Monat in der Wiler Sportarena turnen.
Dies, weil der St.Galler sich in Winterthur zum Physiotherapeuten ausbilden lassen wird und gleichzeitig die Europameisterschaften in Basel sowie die Olympischen Spiele vom Juli 2021 in Tokio vorbereiten will. Der Schweizerische Turnverband hat mit ihm deshalb eine Sonderlösung gesucht – und am RLZO gefunden.