«Nach einem hohen Gewinn ist es einfach, süchtig zu werden»

Der Fachpsychologe will die Thematik der Internet- und Glücksspielsucht einfach und nachvollziehbar der Öffentlichkeit zugänglich machen. Franz Eidenbenz, seit 2011 Leiter Behandlung des Zentrums für Spielsucht und andere Verhaltenssüchte, Radix Zürich, hat die vorberatende Kommission des St.Galler Kantonsrats beraten.

Christoph Zweili
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Wie gross ist das Suchtpotenzial bei Geschicklichkeitsspielautomaten? An dieser Frage scheiden sich die Geister. (KEY/Peter Klaunzer)

Wie gross ist das Suchtpotenzial bei Geschicklichkeitsspielautomaten? An dieser Frage scheiden sich die Geister. (KEY/Peter Klaunzer)

Die St.Galler Regierung will das jahrelange Verbot der Glücks- und Geschicklichkeitsautomaten beibehalten, die vorberatende Kommission will es abschaffen. Was macht mehr Sinn?

Franz Eidenbenz: Wir haben die vom Bund erlaubten Geschicklichkeits- Spielautomaten mit unseren Klienten getestet. Das Resultat ist eindeutig: Nur schon die Aussicht auf Gewinne und das eingesetzte Geld verdoppeln zu können, stellt für Süchtige ein erhebliches Risiko dar.

Stehen demnach solche Apparate im Restaurant, stellen sie einen permanenten Reiz für Betroffene dar?

Ja, sie verführen Suchtspiel-Gefährdete, sich wieder intensiv dem Geldspiel zu widmen.

Franz Eidenbenz. (Bild: PD)

Franz Eidenbenz. (Bild: PD)

Ein gewisser Reiz ist aber auch für die andern Gäste da.

Die Apparate geben Töne von sich, sie blinken, und man hört, wenn bei einem Gewinn das Geld in die Metallschalen fällt. Nicht nur Erwachsene, auch Kinder und Jugendliche müssen an diesen Apparaten vorbei, zumal die Wirte gehalten sind, sie im Auge zu behalten: Die meisten sind also so platziert, dass sie vom Buffet aus zu sehen sind.

Aus präventiver Sicht sind Sie also gegen eine Aufhebung des Verbots?

Ja, das Verbot schützt Betroffene und Gefährdete. Wenn sie mit Freunden in ein entsprechendes Restaurant gehen, können sie dem nicht ausweichen. Im Gegensatz dazu besteht die Wahl, in ein Casino zu gehen oder mit dem Handy um Geld zu spielen.

Muss denn die Schweiz härter gegen Onlineangebote im Ausland vorgehen?

Online-Angebote aus dem Ausland sind in der Schweiz illegal und werden bekämpft.

Die Onlinecasinos in der Schweiz sind stark reguliert und verfügen über Spielerschutzmassnahmen. Ziel ist dabei, Geldspielsuchtrisiken zu minimieren.

Laut «E-Games», der neuen Studie zum Online-Glücksspiel, zeigen nur neun Prozent der Spieler ein risikoreiches Verhalten. Deckt sich das mit Ihren Erfahrungen?

Ein grosser Teil der Geldspielenden tut das nicht risikoreich. Aber fast jeder Zehnte mit risikoreichem Spiel ist erheblich gefährdet.

Was heisst das in Zahlen?

Die riskant Spielenden tätigen rund die Hälfte aller Spieleinsätze. Die durchschnittlichen Schulden der Personen, die sich im Zentrum Radix melden, betragen 80000 Franken.

Die Studie zeigt, dass Online-Lotterien und Rubbellose unter den Spielenden am meisten verbreitet sind. Geschicklichkeits-Spielautomaten sind nicht einmal erwähnt.

Die Studie hat nur Online-Geldspie­lende befragt. Geschicklichkeits-Spielautomaten gehören nicht dazu. Generell aber lässt sich sagen, dass Spielautomaten verglichen mit Lotterien ein höheres Suchtrisiko mit sich bringen.

Wer hat denn nun das grösste Risiko, beim Spielen süchtig zu werden?

Grundsätzlich kann das jeden betreffen. Nach einem hohen Gewinn beim Spielen ist es einfach, süchtig zu werden. Es ist aber schwierig, wieder davon loszukommen. Die Betroffenen verdrängen ihr Problem und sind schwer zu erreichen. Es ist daher besser, die Leute zu schützen und frühzeitig für die Problematik zu sensibilisieren.