Eine grosse Ehre für die Thurgauerin, die sich in ihrer Arbeit mit der Vielwurzligen Teichlinse beschäftigt hat. Die dreifache Mutter wohnt inzwischen in Münster und plant schon das nächste Projekt - mit den finanziellen Mitteln aus dem Preisgeld.
War es Ihr erster Traumberuf, Wissenschaftlerin zu werden?
Ein früher Berufswunsch von mir war es tatsächlich, Tierforscherin zu werden. Damals dachte ich aber eher an Löwen und Geparden, nicht an kleine Wasserpflänzchen.
Ihre Arbeit nennt sich «Low genetic variation is associated with low mutation rate in the giant duckweed». Kurz und einfach erklärt – Um was geht es?
Wir haben untersucht, wie schnell sich das Erbgut spontan von einer Generation zur nächsten verändert und so zur genetischen Vielfalt innerhalb einer Art führt. Wir haben eine extrem niedrige Mutationsrate in der Vielwurzeligen Teichlinse entdeckt. Das hat mit grosser Wahrscheinlichkeit zu der von uns gemessenen niedrigen genetischen Diversität innerhalb der Art geführt.
Weshalb haben Sie sich für diese Thematik entschieden?
Das Thema war für mich spannend, weil es sich bei der Mutationsrate und der genetischen Diversität um zwei sehr grundlegende Sachverhalte handelt. Ausserdem hat sich das Thema einfach angeboten: Die Ressourcen waren vorhanden, das Interesse der wissenschaftlichen Gemeinschaft gross und das Modellsystem, die Vielwurzelige Teichlinse, äusserst geeignet für die Fragestellung.
Inwiefern sind die Resultate der Arbeit für Ihren Heimatkanton, den Thurgau, relevant?
Die Ergebnisse sind für den Umweltschutz sowohl im Thurgau als auch anderswo relevant. Wir haben nämlich zeigen können, dass eine geringe genetische Vielfalt nicht nur aufgrund einer niedrigen Populationsgrösse entsteht, wie bisher angenommen, sondern auch aufgrund der niedrigen Mutationsrate.
Ihre Arbeit beschäftigt sich mit der Biodiversität – was machen Sie im Alltag für den Umweltschutz?
Ich muss gestehen: zu wenig. Ich drehe die Heizung nicht zu hoch, verschwende keine Nahrungsmittel, kaufe regional und saisonal ein und nehme wiederverwendbare Netze für das Gemüse zum Einkaufen mit. Ich finde es allerdings sehr schade, dass sich die derzeitige Umweltschutzdiskussion fast ausschliesslich mit Treibhausemissionen befasst. Deren Reduktion ist sicherlich wichtig, aber ich vertrete die Meinung, dass andere Aspekte – wie etwa der Schutz von Lebensräumen – auch mehr Beachtung finden sollten.
Meret Huber ist 31 Jahre alt und Mutter dreier Kinder: Konstantin, Leander und Magdalena. Sie ist verheiratet und wohnt in Münster. Aufgewachsen ist Huber in Häuslenen, zur Sekundarschule ging sie in Aadorf und ihre Matura absolvierte sie in Frauenfeld. Danach hat sie in Zürich ein Biologiestudium gemacht. Huber ist Nachwuchsgruppenleiterin am Institut für Biologie und Biotechnologie der Pflanzen. Derzeit ist sie in ihrer Elternzeit.
Wie viel Zeit haben Sie in Ihre Sieges-Forschungsarbeit gesteckt?
Es ist schwierig zu sagen, wie viel Zeit wirklich hineingeflossen ist. Ich arbeite immer an verschiedenen Forschungsprojekten, so kann man die Zeit besser nutzen. Ich habe mit dem besagten Projekt im Sommer 2016 angefangen. Die Daten sind im Frühjahr 2019 publiziert worden.
Haben Sie diese Arbeit alleine gestemmt?
Nein, ich habe mit einem Team zusammengearbeitet. Mein Anteil lag vor allem im Planen und Konzipieren des Projekts. Die Arbeit ist ein gemeinsames Produkt von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Chemische Ökologie in Jena sowie der dortigen Universität, der Universität Münster und der ETH Zürich.
Was ist für Sie das Besondere daran, den Walter Enggist Forschungspreis erhalten zu haben?
Es freut mich sehr, von meinem Heimatkanton eine solche Ehrung erhalten zu haben. Auch ist dies mein erstes grösseres Forschungsprojekt nach der Promotion und es ist in einer bewegten Lebensphase – inklusive Geburt und Umzug – entstanden.
Was werden Sie mit dem Preisgeld von machen? – Werden Sie sich einen Wunsch erfüllen?
Das Preisgeld muss für eine weitere Forschungsarbeit verwendet werden. Wir werden den Einfluss von Pflanzenschutzmitteln auf die Mutationsrate untersuchen. Das ist auch ein Wunsch von mir.
Am Abend der Preisverleihung haben Sie nicht anwesend sein können. Ihr Vater hat Sie vertreten und verraten, dass Sie als Kind von Enten fasziniert waren. Sind Sie das immer noch?
Ich bin inzwischen mehr von der Pflanzen- als von der Tierwelt angetan. Momentan haben wir auch keine Haustiere. Allerdings hätte ich gerne ein Aquarium oder Hühner. Das ist aber ein Projekt für die Zukunft, wenn ich mehr freie Zeit dafür habe.
Kürzlich haben Sie Ihr drittes Kind bekommen. Haben Sie als Forscherin und Mutter noch Freizeit?
Die freien Minuten pro Tag kann man an einer Hand abzählen. Falls die Kinder früh schlafen, trinken mein Mann und ich abends zusammen eine Tasse Tee und sprechen über Gott und die Welt – das geniesse ich jeweils sehr.
Was hat Sie als Thurgauerin nach Münster gebracht?
Die Arbeit und die Liebe. Nach meinem Biologiestudium in Zürich habe ich in Jena am Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie promoviert. Mein Mann und ich haben dann ein Jobangebot an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster erhalten, welches wir nicht ausschlagen konnten.
Der Forschungspreis Walter Enggist wird ab 2019 jährlich durch das Kompetenzbündel Thurgau Wissenschaft vergeben. Der Preis würdigt wissenschaftliche Leistungen und bietet den Forschern mit dem Preisgeld in der Höhe von 15000 Franken ein Kapital für ihre weitere wissenschaftliche Karriere und Projekte. Finanziert wird der Forschungspreis mit Mitteln aus der Erbschaft des Frauenfelder Unternehmers Walter Enggist.
Haben Sie Schwierigkeiten beim Verfassen Ihrer siegreichen Forschungsarbeit gehabt?
Eigentlich verlief die Arbeit reibungslos – obwohl es schon einige Hürden gab. Etwa das Experiment zur Messung der Mutationsrate, welches zweimal gestartet werden musste, da sämtliche Pflanzen das Wachstum eingestellt hatten.
Haben Sie eine spezielle Strategie, um sich aus einem Tief zu holen?
Ich halte mehrere Projekte am Laufen und freue mich über jenes, welches gut läuft. Und wenn ich zu viel sinniere, kann mich mein Mann mit seiner positiven und analytischen Sichtweise aus den Gedanken holen. Das ist etwas, das ich auch besonders an ihm schätze.
Wann haben Sie zuletzt so richtig gelacht?
Vor ein paar Tagen: Nach seinem 20-minütigen Trotzanfall, hat mich mein mittlerer Sohn unterwegs auf meinen Kommentar hin, dass wir uns beeilen sollten, gefragt, warum ich denn immer so langsam sei.