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Ostschweiz
Hurrikan Dorian stürmt in diesen Stunden auf Floridas Ostküste zu. Auf den Bahamas hat der Sturm schwere Schäden hinterlassen, sieben Personen kamen ums Leben. Der Thurgauer Auswanderer Ralf Hess lebt mit seiner Frau in Naples an Floridas Westküste – und blickt Dorian relativ entspannt entgegen.
Bei Ralf Hess ist von Aufregung keine Spur: Der 75-Jährige ist pensionierter Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer, 2013 hat er seiner alten Heimat Frasnacht am Bodensee den Rücken gekehrt und ist mit seiner Frau nach Naples an die Ostküste des US-Bundesstaats Florida ausgewandert. Das Klima sei angenehm-gemässigt, die Infrastruktur hervorragend. Das habe ihn seinerzeit auch zum Auswandern bewogen.
«Die grauen und bleiernen Tage am Bodensee kennen Sie ja sicher auch zur Genüge», schreibt Hess in einer E-Mail. So tauschte Hess also Bodensee und Oberthurgau mit dem Golf von Mexiko und Floridas Ostküste. Just dieser Bundesstaat wappnet sich nun seit Tagen gegen Hurrikan Dorian, der am Montag auf den Bahamas eine Spur der Zerstörung hinterlassen und sieben Todesopfer gefordert hat.
Wir erreichen Hess zu Hause per E-Mail. Er schwärmt zunächst von seiner neuen Heimat. Zumal sie eben an der Westküste der Halbinsel liegt, die ungleich weniger stark von Hurrikans wie Dorian heimgesucht wird. «Die allermeisten Stürme entwickeln sich in der Karibik, verstärken sich aufgrund der hohen Wassertemperaturen des Atlantiks und bewegen sich auf die Ostküste zu. Viele verpuffen im Nordatlantik.»
Bei ihnen in Naples sei ein Hurrikan, der auf die Westküste treffe, nur mit starken Regenfällen und Windgeschwindigkeiten zwischen 20 und 50 Stundenkilometern zu spüren. Dorian sei der vierte Hurrikan in diesem Jahr.
Es sei eine riesige Krisenorganisation in Gang gesetzt worden, um Schäden möglichst gering zu halten, berichtet der ehemalige Frasnachter. 17'000 Helferinnen und Helfer stünden bereit, um zusammengebrochene Kommunikationsnetze zu reparieren.
«Die Krankenhäuser sind mit grossen Generatoren ausgestattet und im Ernstfall sofort verfügbar.» Zudem würden Hamsterkäufe durch massvolle Rationierung unterbunden, die Polizei begleitete Tanklastzüge, um sicherzustellen, dass das Benzin den Bestimmungsort erreicht.
Moderne Häuser verfügten über sogenannte Hurricane Shutters – starke Metallrollläden, die Windgeschwindigkeiten von über 250 km/h aushalten. «Viele Ostküstler haben ihre Häuser verbarrikadiert und sind nach Naples oder in andere Städte gereist», berichtet Hess.
An der Ostküste seien zudem Evacuation Centers eingerichtet worden, in denen Menschen eine Notunterkunft zur Verfügung gestellt wird. Auch im Westen sind diese Zentren in Bereitschaft. Man sei hier so gut auf Hurrikans eingestellt, dass man nach drei Monaten jeweils so gut wie keine Sturmschäden mehr sehe.
Vor diesem Hintergrund sorgt sich Ralf Hess nicht allzu sehr um sein Heim. «Wir leben in einem modernen Haus und brauchen, wie sich vor drei Jahren auch bei Hurrikan Irma bestätigt hat, nichts weiteres zu tun als Wasser- und Lebensmittelvorräte zu halten.» Und: «Meine Frau hat gerade das Haus zum Golfspielen verlassen.» Sollte Dorian die Region wider Erwarten stärker treffen, lasse er die Shutters herunter. «Bei Stromausfall haben wir einen grossen Generator, der das ganze Haus mit Strom versorgt.»