Am besten wirbt für seine Gemeinde, wer deren Einzigartigkeit herausstreicht. Mit Allgemeinplätzen und unverständlichen Anspielungen gelingt das nicht.
Jean-Claude Kleiner war vor über zwei Jahrzehnten dabei, als sich das ausserrhodische Trogen einen Slogan gab. «Kulturdorf im Appenzellerland» schreibt sich die Gemeinde seither auf die Fahne. Und noch immer sei diese Bezeichnung aktuell, sagt der ehemalige Kantonsrat Kleiner. Gelungen seien solche Bemühungen aber nicht in allen Gemeinden. «Vielfach entstehen Slogans einfach aus einer Laune heraus», sagt er. (Einige Beispiele haben wir hier zusammengetragen.)
Heute führt Kleiner mit seiner eigenen Beratungsfirma Seminare zur Legislaturplanung von Gemeinden durch. Fester Programmpunkt: Ein einstündiger Ausblick in die fernere Zukunft. Was soll die Gemeinde ausmachen? «Das ist eine Art Brainstorming, aus dem wir die absolute Essenz, die Unique Selling Proposition einer Gemeinde, kurz USP, herauskristallisieren.» In diesem Prozess entsteht schliesslich ein Alleinstellungsmerkmal, ein Slogan.
Auch Roman Burch und Oliver Forrer, Inhaber der Branding-Agentur Forb, betonen, wie wichtig eine solide Grundlage sei, bevor man sich an einen Slogan mache. Der Prozess dahin müsse sorgfältig gestaltet werden. Burch sagt:
«Der Slogan ist die Spitze des Eisbergs. Der Teil, der sichtbar wird.»
«Man muss sich dabei immer fragen, was einen einzigartig macht», ergänzt Forrer.
Das betont auch Stefan Vogler. Der Markenexperte berät unter anderem öffentliche Institutionen. Er sagt: «Es muss zum Ausdruck kommen, was die Gemeinde von anderen unterscheidet.» Das müsse nicht zwingend rational sein. Aber: «Ein Slogan darf nicht völlig übertrieben oder gar nachweislich falsch sein.»
Etwas übertreiben sei aber erlaubt. Die «Riviera am Walensee», zu der sich beispielsweise Weesen macht, sei okay. Auch, dass Aadorf «am Puls der Schweiz» liegen soll, könne man vertreten. Man müsse beim Übertreiben aber aufpassen, nicht ins Lächerliche zu kippen.
Burch und Forrer ergänzen, dass eine Botschaft auch gelebt werden müsse. «Wenn sich eine Gemeinde als besonders nachhaltig bezeichnet, ist es beispielsweise zentral, dass das auch alle Mitarbeitenden des Bauamts so verstehen und leben.» Wenn ein Versprechen nicht eingelöst werde, sei das schlimmer, als es gar nicht erst zu machen.
Grundsätzlich erachten sie es aber als sinnvoll, wenn sich Gemeinden Slogans geben. Dass viele das schon täten, zeige, dass der Wettbewerb unter ihnen gross sei und Marketing an Bedeutung gewinne. Forrer sagt: «Es ist ähnlich wie bei Firmen. Mit ihrer Positionierung wollen diese Kunden gewinnen, die Gemeinden richten sich an mögliche Zuzüger oder neue Firmen.»
Um sich abzuheben, sollten Gemeinden auf Allgemeinplätze verzichten. «Lebensqualität umschreibt zu wenig genau, was die Gemeinde bietet», sagt Berater Kleiner.
Man solle lieber spezifisch sein, sich auf etwas konzentrieren und anderes weglassen, ergänzt Markenexperte Vogler. Gut aufzeigen könne man das am Begriff Claim, der oft Synonym für Slogan verwendet wird. Der Begriff stamme von den amerikanischen Cowboys, die ein Feld für sich abstecken, es «claimen», um dann eben alleine in diesem zu operieren.
Die Lage als Alleinstellungsmerkmal zu nehmen, sei möglich, sagt Vogler. Allerdings nur, wenn diese tatsächlich auch speziell sei. Als Beispiel nennt er «Schöne Aussichten: Leben in Amden». Da brauche es auch keine sprachlichen Besonderheiten mehr.
«Eine klare Aussage, die glaubwürdig und nachvollziehbar ist, ist besser als eine komplizierte.»
Ähnliches gelte für Diessenhofens «Am Rhy dihei, im Städli willkomme»: «Das ist keine Wahnsinnsgeburt, aber es ist glaubwürdig und rückt den USP in den Vordergrund.»
Nicht gelungen sei ein Slogan dann, wenn er mehr Fragen aufwerfe, als er beantworte. Das sei zum Beispiel in Oberriet mit «5-fach lebenswert» der Fall, findet Vogler. Burch führt einen ähnlichen Gedanken aus: «Slogans müssen einfach sein. Sie dürften auch nicht zu viel auf einmal rüberbringen wollen. Wenn man jemandem mehrere Bälle gleichzeitig zuwirft, fängt er keinen.»
Auch Slogans, die leicht misszuverstehen sind, sollten vermieden werden, sagt Vogler. So zum Beispiel «Die Gemeinde mit Zug» (Bussnang). «Das funktioniert in der Ostschweiz vielleicht grad noch, aber wer den Bezug zu Stadler Rail nicht kennt, fragt sich, ob das die einzige Gemeinde der Gegend mit Schienenanschluss ist.»