Hat ein 34jähriger Polizist im Säntispark in Abtwil zwei Frauen sexuell belästigt? Die Opfer wollen ihn als Täter erkannt haben. Der Beschuldigte, vom Kreisgericht zu einer Busse verurteilt, wehrt sich am Kantonsgericht St. Gallen gegen den Vorwurf.
ST. GALLEN. Dem Schweizer, Zürcher Kantonspolizist von Beruf, wird vorgeworfen, dass er im Schwimmbad Säntispark in Abtwil einen Sturz vorgetäuscht und dabei einer jungen Frau mit der Hand in die Badehose gegriffen hat. Einige Zeit später soll er sich im Solebad einer weiteren Frau beim Tauchen unsittlich genähert haben.
Vor einem Jahr verurteilte das Kreisgericht den Mann wegen mehrfacher sexueller Belästigung zu einer Busse von 10 000 Franken. Dieses Urteil akzeptierte der Beschuldigte, der stets seine Unschuld beteuert hatte, nicht und erhob Einsprache. Die ganze Angelegenheit sei für ihn ein Albtraum, erklärte er gestern vor dem Kantonsgericht. Durch die unberechtigten Vorwürfe sei seine berufliche Karriere in Gefahr. Er sei an jenem Abend im Endbecken der Rutschbahn ausgerutscht und habe sich kurz an einer Frau festgehalten. Mehr sei nicht geschehen.
Der Verteidiger verlangte für seinen Mandanten einen vollumfänglichen Freispruch. Er habe mit den Übergriffen nichts zu tun. Die Aussagen der Frauen seien widersprüchlich. Erst nach dem Vorfall im Solebad habe die erste Zeugin dem Geschehen bei der Rutschbahn grössere Bedeutung zugemessen. Vorher sei sie davon ausgegangen, es habe sich um eine zufällige Berührung gehandelt.
Es sei nicht möglich, dass die Frauen seinen Mandanten im Solebad eindeutig erkannt haben könnten, erklärte der Verteidiger weiter. Aufgrund des Dampfes sei ein tauchender Mann im Wasser nur schemenhaft erkennbar. Die Vorinstanz habe sich von einer einseitigen Beweisführung zu einem Schuldspruch verleiten lassen. Es sei versäumt worden, einen DNA-Test bei den Frauen vorzunehmen. Dieser hätte den Beschuldigten entlastet. Die beiden Frauen hätten auch von drei jungen Männern erzählt, von denen sie angesprochen worden seien. Es könne gut sein, dass einer von ihnen für den Übergriff verantwortlich sei. Zudem sei von den Frauen und dem Bademeister zunächst ein weiterer Mann angehalten worden, den sie lediglich wegen der Farbe seines Badetuchs als Täter ausgeschlossen hätten. Das seinem Mandanten vorgeworfene Verhalten passe in keiner Weise zum tadellosen Leumund des 34-Jährigen.
Die Staatsanwaltschaft erhob Anschlussberufung. Sie verlangte eine Verurteilung wegen mehrfacher Schändung und eine bedingte Freiheitsstrafe von 5000 Franken. Das Ausrutschen an jener Stelle des Bades sei praktisch unmöglich, erklärte der Staatsanwalt. Die Aussagen der beiden Frauen seien hingegen frei von Widersprüchen. Sie seien vom Beschuldigten überrumpelt worden. Der Übergriff sei so kurz gewesen, dass sie sich nicht hätten wehren können. Auch die Beobachtungen einer Putzfrau und des Bademeisters würden für die Schuld des Mannes sprechen.
Das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen steht noch aus. Es wird diese Woche erwartet.