St.Galler Kantonsrat: Linke greift Spitalführung an

Der Spitalverwaltungsrat ist für die Linken ein rotes Tuch, seit er seine Ideen der künftigen St. Galler Spitallandschaft auf den Tisch gelegt hat. Die Bürgerlichen geben sich betont gelassen – bis jetzt jedenfalls.

Regula Weik
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Kritischer Blick auf die Spitalpolitik: Peter Hartmann (SP), flankiert von Christof Hartmann (SVP) und Peter Boppart (CVP, rechts). (Bild: Regina Kühne)

Kritischer Blick auf die Spitalpolitik: Peter Hartmann (SP), flankiert von Christof Hartmann (SVP) und Peter Boppart (CVP, rechts). (Bild: Regina Kühne)

Die Reaktionen aus der Bevölkerung und den Regionen zeigen: Die Zukunft der Spitäler im Kanton wühlt beide auf – insbesondere die Zukunft des Spitals vor der eigenen Haustür. Es dürfte allerdings noch Monate dauern, bis die künftige St. Galler Spitallandschaft konkrete Konturen annimmt. Die politischen Mühlen mahlen langsam – für Bürgerinnen und Bürger brauchen die politischen Prozesse oft unverständlich viel Zeit. Auch den Fraktionen brennt es auf den Nägeln; das zeigt ihre Flut von Vorstössen. Die Regierung hat inzwischen allesamt beantwortet. Und so waren sie denn auch für die laufende Session des Kantonsparlaments traktandiert – erst für Montag, dann für Dienstag. Und nun für Mittwoch? Mitnichten.

Auf der gestern verteilten Traktandenliste für den heutigen, letzten Sessionstag fehlen die Vorstösse aus dem Gesundheitsdepartement. Sind die Spitäler in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht? Ist dem Parlament die Debattierlust darüber abhandengekommen? Oder wurde gar das Gesundheitsdepartement ­abgeschafft? Nichts von alledem. Es dürfte sich um einen «Unfall» handeln. Wie gewöhnlich gut unterrichtete Quellen versichern, sollen die Spitalvorstösse heute unter dem anonymen, gut getarnten Traktandum «weitere parlamentarische Vorstösse» behandelt werden.

«Er dreht ganz bewusst an der Abwärtsspirale»

Offenkundig war dagegen gestern die Unlust der Mehrheit des Parlaments, einen Vorstoss von SP und Grünen für dringlich zu erklären. Die Linken lassen darin kein gutes Haar am Spitalverwaltungsrat. Dieser fordere «eigenmächtig und ohne Rücksicht auf den Versorgungsauftrag die Schliessung von fünf Spitälern im Kanton»; «in erpresserischer Weise» habe der Verwaltungsrat die Politik zum überstürzten Handeln aufgefordert, schreibt SP-Parteipräsident Max Lemmenmeier im aktuellen «Links», der Parteipublikation der Sozialdemokraten. Peter Hartmann, Fraktionschef von SP und Grünen, doppelte gestern im Parlament nach: Die St. Galler Spitäler bewegten sich nach wie vor in der Gewinnzone. Der Spitalverwaltungsrat aber betreibe seit einigen Wochen ein «mediales und internes Pressing», um sein eigenes Schliessungskonzept voranzutreiben. «Er dreht ganz bewusst an der Abwärtsspirale und bringt damit die fünf gefährdeten Spitäler in die Bredouille.» Wer möchte in einem von der Schliessung bedrohten Spital arbeiten? Wer sich in einem solchen Spital behandeln lassen? Die «Penetranz des Verwaltungsrats bei der Darstellung des Schlechten» sei unverantwortlich, wetterte Hartmann.

Sein Frontangriff auf den Verwaltungsrat stiess bei den Bürgerlichen auf wenig Verständnis. Es sei «nicht notwendig, in Hektik auszubrechen», sagte FDP-Fraktionschef Beat Tinner. Gleich tönte es bei CVP und Grünliberalen; Mathias Müller appellierte an die Linke, «nicht in Hektik zu verfallen und nicht immer gleich aus der Hüfte zu schiessen». Auch SVP-Fraktionschef Michael Götte riet SP und Grünen, «Ruhe zu bewahren».

Prügelknabe hüben, Hoffnungsträger drüben

Alle drei erinnerten Parlamentskollege Hartmann daran, dass Lenkungsausschuss, Spitalkommission wie auch Spitalverwaltungsrat ihre Aufgaben kennen würden und der Zeitplan aufgegleist sei. Hartmann versuchte das Ruder noch herumzureissen. Es gehe nicht um diese Prozesse; diese liefen, wenn auch langsam. Es gehe darum, die «Abwärts­spirale zu stoppen», in welche der Verwaltungsrat mit seinen Ankündigungen fünf Spitäler im Kanton versetzt habe. Es half nichts: Das Parlament verwarf die Dringlichkeit mit 89 Nein zu 24 Ja.

Es braucht keine grossen hellseherischen Fähigkeiten, um vorauszusagen: In der heutigen Besprechung der Vorstösse dürften einige Bürgerliche dem von den Linken geprügelten Spitalverwaltungsrat aufmunternd auf die Schultern klopfen. Gut möglich, dass dagegen Gesundheitschefin Heidi Hanselmann von bürgerlicher Seite Schelte kassieren wird. Es wäre nicht das erste Mal.