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Ostschweiz
Der Ausserrhoder Landammann Paul Signer äussert sich zu den personellen Abgängen und zur Wirtschaftlichkeit des Ausserrhoder Gefängnisses Gmünden. Er bedauert, nicht schon früher «radikale Alternativen» für Gmünden geprüft zu haben.
Im Ausserrhoder Gefängnis Gmünden ist nicht bloss die bauliche Infrastruktur mangelhaft. In der Belegschaft herrscht Unruhe, wegen der ungewissen Zukunft und aufgrund einer neuen Führungskultur, die seit der Übernahme der Direktion durch Alexandra Horvath Einzug gehalten hat. In Gmünden arbeiten 29 Personen. In den letzten zwei Jahren hat es 19 Abgänge gegeben, inklusive einer Frühpensionierung und Kündigungen während der Probezeit. Nun äussert sich dazu Landammann Paul Signer, Direktor des Departements Inneres und Sicherheit.
Paul Signer, gemäss Ihrer Aussage im Kantonsrat und später auch in den Medien hängt die hohe Personalfluktuation der letzten beiden Jahre in Gmünden vor allem mit den gestiegenen Anforderungen im Strafvollzug zusammen. Können Sie das kurz erläutern?
Ich sagte in den Kantonsratssitzungen im Dezember 2017, im Mai 2018 und erneut diesen Dezember, dass der Personalschlüssel spürbar angehoben und zünftig in die Gebäude investiert werden müsse. Dabei habe ich mich nicht zu den gestiegenen Anforderungen geäussert – ausser dass ich gesagt habe, es sei fraglich, wie viel und welches Personal man benötige und ob man das überhaupt finden könne.
Gegenüber unserer Zeitung haben Sie sich anders geäussert.
Ich habe gesagt, die Situation in Gmünden sei nicht einfach, zumal die Fluktuation zuletzt sehr hoch gewesen sei. Dies hänge mit den gestiegenen Anforderungen im Strafvollzug zusammen. Ich habe nie gesagt, dies sei der einzige Grund für die vielen personellen Wechsel. Aber der Strafvollzug hat sich – nicht erst in den letzten zwei Jahren – grundlegend geändert. Hohe Ansprüche stellt beispielsweise der Spezialvollzug. Gerade dieser hat in den letzten Jahren in Gmünden zugenommen. Und auch die Frauen, die wir neuerdings in Gmünden aufnehmen, stellen hohe Anforderungen an die Betreuenden. Ein Gefängnis sucht sich indes die Insassen nicht aus, sie werden zugewiesen. Wenn nun die kantonalen Einweiser des Konkordats zunehmend schwierige Fälle nach Gmünden schicken, heisst dies, dass die Anforderungen an den Strafvollzug in Gmünden ganz allgemein steigen.
Warum wurde die hohe Mitarbeiterfluktuation nicht zum Anlass genommen, nach weiteren möglichen Kündigungsgründen zu fragen? Immerhin hatten einige ehemalige Mitarbeiter bei ihren Austrittsgesprächen mit dem Personalamt gewisse heikle Punkte angesprochen.
Ich führe grundsätzlich über die Amtsleitenden. Mit der Direktorin habe ich anlässlich meiner regelmässigen Besuche in Gmünden praktisch jeden einzelnen Fall besprochen, die Gründe der jeweiligen Kündigungen haben wir angeschaut. Daraus ergab sich für mich bisher nur interner Handlungsbedarf, ebenso aus den Austrittsgesprächen mit dem Personalamt.
Wie beurteilen Sie die Qualifikation der heutigen Mitarbeiter etwa im Team Betreuung und Sicherheit (BSD)? Gemäss unseren Informationen hat nur noch eine Person den Fachausweis Justizvollzug.
Ich finde es schon noch speziell, wenn frühere Mitarbeitende, die gekündigt haben, die Qualifikation ihrer Nachfolger anzweifeln. Da nicht ich das Gefängnis operativ führe, sondern die Direktorin, und diese in Zusammenarbeit mit dem Personalamt verantwortlich ist für die Auswahl des Personals, kann ich diese Frage nicht beantworten. Ich weiss aber, dass alle neuen Anstellungen über eine passende Ausbildung verfügen.
Sicherheit, Bewachung, Führung, Ordnungsdienst, Brandschutz, Selbstverteidigung: Das sind die Kompetenzen, welche die Direktorin für das aktuelle BSD-Team ausweist. Gibt es bei der Betreuung von Insassen nicht noch zusätzliche Aspekte als die blosse Wahrung der Sicherheit?
Selbstverständlich. Die von Ihnen genannten Fähigkeiten sind im BSD ganz sicher wichtig. Wir beschäftigen in Gmünden jedoch auch Mitarbeitende in den Werkstätten, im Sozialdienst, im Gesundheitsdienst, in der Küche, in der Verwaltung, in der «Bildung im Strafvollzug» und so weiter. In diesen Bereichen kommen selbstverständlich auch andere Kompetenzen zum Tragen.
Sind Ihnen Vorfälle bekannt, bei denen Mitarbeiter von anderen Mitarbeitern beobachtet worden sind und gewisse Vorfälle ab Überwachungsbildschirm auf private Handy aufgenommen worden sind?
Von den Vorfällen, wie sie in dieser Zeitung beschrieben wurden, weiss ich nichts.
Wie beurteilen Sie grundsätzlich die Führungskultur und den Umgang mit Mitarbeitern in Gmünden?
Dass mit der neuen Führung auch eine neue Führungskultur umgesetzt wurde und wird, ist mir durchaus bewusst. Dass nicht alle bisherigen Mitarbeiter damit klargekommen sind, weiss ich auch. Ich bin, wie gesagt, vorgängig jeweils über alle personalrechtlichen Massnahmen informiert worden.
Das Kantonale Gefängnis ist für zwölf Personen ausgelegt. Mittlerweile sind dort unseren Informationen zufolge 19 Betten fix montiert. Entsprechen diese Zellen den geltenden Normen?
Dass Zellen zum Teil doppelt belegt werden, vor allem bei suizidalen Gefangenen, weiss ich. Nach meinen derzeitigen Informationen entsprechen die Zellen im Kantonalen Gefängnis dem gängigen Standard.
Warum erwirtschaftete Gmünden 2017 einen Gewinn von 1,2 Millionen Franken, obwohl gemäss Globalkredit nur 700'000 Franken vorgesehen sind?
Weil das Gefängnis über Erwarten gut belegt war. Ziel des Betriebs ist nicht das Erzielen eines Gewinns, sondern eine möglichst gute Auslastung. Wenn alle Parameter stimmen, so kann und darf durchaus ein Gewinn resultieren. Zudem ermöglicht ein gutes finanzielles Ergebnis, den knappen Personalbestand so auszubauen, dass die Aufgabe der Strafanstalt gut gelöst und Auflagen umgesetzt werden können.
Nimmt Gmünden auch Insassen von ausserhalb des Konkordats an und nimmt also am Markt teil?
Ja, das ist Teil des Konzepts. Gerade als relativ kleine, agile Strafanstalt können wir damit die Auslastung optimieren und, bei konstanten Grundkosten, mehr Taggeldeinnahmen generieren.
Hat die Gewinnmaximierung in Gmünden höhere Priorität als die Resozialisierung der Insassen?
Nein. Ich verstehe Ihre Verknüpfung nicht: Es geht in Gmünden überhaupt nicht um Gewinnmaximierung. Ein Gewinn dank guter Auslastung darf grundsätzlich nie zu Lasten der Resozialisierung gehen. In Gmünden müssen die Kosten gedeckt sein. Und wenn sich Ende Jahr ein Gewinn ergibt, freuen sich diejenigen, die Steuern zahlen.
Ihr Vorgänger Hans Diem hat gesagt, dem Projekt «Perpektive Gmünden» komme höchste Priorität zu. Nun wird in Altstätten gebaut, und es gibt Projekte für Realta in Cazis und in Glarus. Hat Appenzell Ausserrhoden hier den Anschluss verloren, anstatt wie ursprünglich geplant voranzuschreiten innerhalb des Ostschweizer Strafvollzugskonkordats?
Dazu habe ich mich bereits im Kantonsrat geäussert. Das Projekt «Perspektive Gmünden» war eine ausgezeichnete Basis für weiterführende Überlegungen, aber basierte auf Grundlagen, die aktualisiert werden mussten. Die Realität ist heute eine andere. Zudem ist Appenzell Ausserrhoden in das Konkordat eingebunden. Die Absprache mit den anderen Konkordatskantonen steht im Vordergrund – und nicht deren Ausstechen.
Im Raum steht, dass die Strafanstalt möglicherweise geschlossen wird. Gerüchteweise werden Ideen für eine Deponie, ein Asylzentrum oder die neue Motorfahrzeugkontrolle herumgeboten. Gibt es für Gmünden eine «hidden agenda»?
Es gibt keine «versteckte Agenda», aber scheinbar werden Gerüchte geschürt. Die Fragen rund um Gmünden werden – wie im Kantonsrat am 3. Dezember bereits erläutert – zurzeit und noch bis im Frühjahr 2019 sorgfältig abgeklärt, besonders in Bezug auf Personal, Infrastruktur und Finanzen. Dann wird der Regierungsrat entscheiden und seinen Entscheid kommunizieren.
Kritiker sagen, dieser Entscheid hätte schon längst gefällt werden müssen. Mangelt es punkto Gmünden an politischer Führung?
Die Erklärung wäre zu einfach, und sie stimmt auch nicht. Ich habe mich von Anfang an um die Zukunft und die politische Führung der Gefängnisse Gmünden gekümmert. Seit 2014 arbeiten wir intensiv an der Weiterentwicklung des Projekts «Perspektive Gmünden», das ja auch Ihre Informanten ins Feld führen. Wir holten rechtzeitig Kredite ab, arbeiteten zusammen mit dem Bundesamt für Justiz. Was die Kritiker nicht realisieren: Die finanziellen Möglichkeiten des Kantons sind begrenzt. Deshalb prüfen wir Alternativen. Selbstkritisch könnte ich mir vorwerfen, nicht schon früher auch radikale Alternativen geprüft zu haben. Das tat das ursprüngliche Projekt «Perspektive Gmünden» nicht, das tun wir erst jetzt. Wir prüfen die ganze Bandbreite, vom Neubau bis zur Schliessung.