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Sorglosigkeit toleriert die Unternehmensleitung nicht.
Das Brüggli will Menschen mit körperlichen und psychischen Schwierigkeiten die Chance geben, im Berufsleben erfolgreich und glücklich zu sein. Doch im Moment ist das besonders anspruchsvoll. «Das Virus hält uns in Atem», sagt Kommunikationschef Michael Haller, der in der Geschäftsleitung sitzt. Immerhin ist das Unternehmen, das üblicherweise rund 800 Personen beschäftigt, gut auf die aussergewöhnliche Situation vorbereitet.
«Wir haben einen Pandemieplan. In einem kleinen Team befassen wir uns bereits seit Mitte Februar damit, was zu tun ist.»
Sie hätten eine grosse Verpflichtung gegenüber den Mitarbeitern, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozial. «Wir wollen deshalb nichts dem Zufall überlassen, wissen aber auch, dass nicht alles in unseren Händen liegt.» Im Moment hätten sie zum Glück noch keinen bestätigten Corona-Fall. Dafür Engpässe, weil die Lieferanten aus Italien mit Verzögerung liefern. Zudem sei Tag um Tag mehr Flexibilität im Umgang mit den Personalressourcen gefragt.
Aufgrund der neuesten Entwicklung hat das «Brüggli» rund 70 Personen nach Hause geschickt, die zur Risikogruppe gehören. Für die restlichen Angestellten oder Klienten würden sie alles dafür tun, um sie vor einer Ansteckung zu bewahren. Wer fiebrig ist, hustet oder andere Symptome nur im Ansatz zeigt, darf gar nicht erst zur Arbeit kommen oder muss sofort nach Hause und spätestens nach fünf Tagen zum Arzt, wenn es nicht besser wird.
Aktuell, über alle Standorte gezählt, seien etwa 450 Personen am Arbeitsplatz präsent. Homeoffice wird ermöglicht, wo der Begleitauftrag dies zulässt, hat aber Grenzen, da viele Klienten in der Produktion arbeiten und eine Betreuung vor Ort brauchen, sagt Haller.
«Wir haben deshalb die Reinigungsaktivitäten auf ein Maximum hochgefahren und thematisieren laufend die Hygiene- und Abstandsregeln.»
Gleichzeitig läuft auf allen Kanälen eine Informationskampagne, um den Mitarbeitern die Hygiene-Vorschriften und Verhaltensregeln einzuimpfen. Seit Mitte Februar erhalten alle Mitarbeitenden gratis Bouillon und Zitrusfrüchte zur Stärkung des Immunsystems.
Auch organisatorisch hat die Firmenleitung Vorkehrungen getroffen, um die Angestellten zu schützen. So dauert die Mittagspause nur noch eine halbe Stunde, damit die Mitarbeiter morgens später kommen und abends früher gehen können, was für diejenigen von Vorteil ist, die mit Bus und Bahn unterwegs sind. «Sie sind dann weniger dem Stossverkehr ausgesetzt», sagt Haller.
In der Mittagspause selber achtet das Brüggli darauf, dass es in der Kantine beziehungsweise dem Restaurant kein Gedränge gibt und der Grenzabstand von zwei Metern jederzeit gewahrt ist. Die Mitarbeiter gehen zwischen 11 und 13 Uhr gestaffelt zum Essen. Die Tische in den drei Räumen sind so gedeckt, dass sich niemand zu nahe kommt.
Dritte können das Restaurant nicht mehr besuchen. Es ist für die Öffentlichkeit geschlossen. «Das ist bitter, aber nötig», sagt Haller. «Am nächsten Sonntag hatten wir beispielsweise einen Sonntagsbrunch mit 230 Personen geplant, der jetzt ausfällt.» Dazu kämen diverse private Feiern und andere Anlässe. «Die meisten konnten wir zum Glück verschieben.»
Um die Ansteckungsgefahr zu minimieren, gilt ein Besuchsverbot. Brüggli orientiert sich dabei an den jüngsten Entscheiden, die der Regierungsrat am 17. März erlassen hat. Um die Übersicht zu behalten, trägt ein kleines Team alle Aktivitäten und Massnahmen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus in ein Logbuch ein. «Damit können wir jederzeit nachvollziehen, was passiert ist und wie wir darauf reagiert haben.»
Den Ernst der Lage hätten noch nicht alle erfasst, bedauert Haller. Sorglosigkeit will das Brüggli aber nicht länger tolerieren. Wer sich nicht an die Hygienevorschriften und Verhaltensregeln hält, wird heimgeschickt, sagt Haller.
«Wir sind darauf angewiesen, dass alle am gleichen Strick ziehen. Nur so stehen wir die Krise durch.»
Markus Schoch