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Mit seinem Neubau «Eiszueis» hat es das Gipserhandwerk Kradolfer ins Finale des «Award für Marketing und Architektur» geschafft. Im Gebäude stecken fast zehn Jahre Planung. Am 2. September wird der Award im Berner Kursaal verliehen.
Reto Kradolfer und sein Team sind nicht nur in Weinfelden bekannt für ihr Handwerk. Die Gipser haben schon für die Kartause Ittingen gewirkt, kürzlich das Schulhaus im Ekkharthof verschönert und dürfen nächstes Jahr das Zürcher Hauptbahnhofgebäude in Schuss bringen. Der mittlerweile 60-jährige Betrieb – 1961 von Leni und Gerhard Kradolfer gegründet – strebt nun auch nach dem Award für Marketing und Architektur.
«Es ist der einzige Preis in der Schweiz, der diese beiden Aspekte vereint», sagt Architektin Regula Harder. Sie hat den Kradolfer-Neubau Eiszueis entworfen und später angeregt, mit dem 2017 fertiggestellten Gebäude am Award 2020 teilzunehmen. «Wir haben dann das Bewerbungsdossier verfasst und eingereicht, aber sehr lange nichts gehört», sagt Reto Kradolfer. Wegen Corona wurde der Award vergangenes Jahr nicht vergeben.
«Ich hatte es schon fast vergessen, als wir plötzlich die Meldung erhielten, wir seien für das Finale nominiert.»
Nebst dem Weinfelder Gipserhandwerk sind im Finale der Kategorie Firmensitze / Industrie- und Gewerbebauten «grosse Nummern», wie es Kradolfer nennt, vertreten. Es sind die Hauptsitze der Swissgrid in Aarau, der Komax AG in Dierikon, der Ziegler Holzindustrie im deutschen Plössberg oder der italienischen Kellerei Bozen. Rund 30 Projekte sind laut den Organisatoren des Awards ursprünglich in dieser Kategorie eingereicht worden, von denen dann fünf ins Finale vorgestossen. «Ich gehe ohne Erwartungen an die Awardverleihung nach Bern. Nur schon die Nomination ist ein Erfolg», sagt Reto Kradolfer.
Im Gebäude Eiszueis vereint Kradolfer einen Eventraum, eine Werkstatt und Büroräume. Das spezielle am Gebäude ist, dass es gleichzeitig ein raumgewordener Showroom ist – diverse Arten, Formen und Möglichkeiten von Gips und Verputz sind vorhanden, von der Fassade über die Decken bis zum Treppenhaus. «Wir zeigen, was möglich ist. Hier treffen wir uns mit Kunden und entwickeln dann die von ihnen gewünschten Oberflächen in der Werkstatt.»
«Vor der Planung haben wir uns überlegt, wie sich das Gipserhandwerk Kradolfer weiterentwickeln kann», sagt Unternehmensberater Thomas Harder. Dieser Strategieprozess fand bereits vor zehn Jahren statt. «Wir haben festgehalten: Die Firma macht anspruchsvolle Gipserarbeiten und entwickelt zudem auch neue Oberflächen. Das muss potenziellen Kunden vermittelt werden können. Die Haltung gegenüber dem Handwerk muss gezeigt werden.»
«Ich habe dann ein anspruchsvolles Pflichtenheft erhalten», sagt Architektin Regula Harder. Entstanden ist ein Bau, bei dem ausser der Senkrechten in den Innenräumen kaum eine gerade Linie zu sehen ist, Lampen im Gips eingefasst sind und diverse Verputzarten zu sehen sind.
Das Gebäude verfehlt seine Wirkung nicht, wie Reto Kradolfer sagt. «Wenn potenzielle Kunden hierherkommen, ist die Chance sehr gross, dass wir für sie arbeiten dürfen.» Die Farben, die Haptik der Oberflächen und die Atmosphäre berühren die Leute. Er nütze den Raum aber auch für die Weiterentwicklung seines Geschäfts. «Ich mache regelmässig Veranstaltungen mit Architektenbüros hier drinnen. Dieser Austausch bringt uns weiter.»
In zahlreichen Berichten in der Fachpresse ist das Eiszueis schon dokumentiert worden. Und sollte es am 2. September sogar klappen mit dem Award in Bern, werden sicher noch weitere folgen.