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Ostschweiz
Arbon, Kreuzlingen, Weinfelden
Vor drei Wochen hat die Biogasanlage in Tägerwilen die Produktion aufgenommen – mit Erfolg. Aus dem Nebst Gas entsteht hier auch Kompost.
Nach gut 13 Jahren ist in Tägerwilen endlich die Biogasanlage in Betrieb genommen worden. «Ich bin riesig glücklich, dass das Projekt abgeschlossen werden konnte, so lange ich noch Gemeindepräsident bin», sagt Markus Thalmann am Dienstagvormittag an der Pressekonferenz. Seit drei Wochen wird hier Biogas produziert und ins Kreuzlinger Netz eingespeist.
Es habe ihm schon «z’denke» gegeben, dass die Energiestrategie 2050 zwar in aller Munde sei und man erneuerbare Energien fördern wolle, gleichzeitig entsprechende Projekte im Kleinen aber enorm bekämpft würden. Er fügt hinzu:
«Ich hoffe, dass das nicht so weitergeht.»
Thalmanns Rückblick zeigt dann tatsächlich, dass die Biogasanlage in Tägerwilen einige Hürden nehmen musste.
Der Startschuss für die Biogasanlage in Tägerwilen war am 2. Mai 2007 gefallen. Damals gaben die Stimmberechtigten dem Gemeinderat an der Gemeindeversammlung den Auftrag, den Bau einer entsprechenden Anlage zu prüfen. Anschliessend wurde das erste Projekt, der Energiepark Tägerwilen, verfolgt. Daraus wurde am Ende aber nichts.
Im Sommer 2012 kam Karl-Heinz Restle, Präsident der Renergon International AG, ins Spiel. Er trieb ein neues, kleineres Projekt voran. An der Gemeindeversammlung vom 5. Mai 2014 wurde das Baurecht erteilt. Daraufhin gab es mehrere Einsprachen. Darüber hinaus war zusätzlich die Zustimmung des Kantons nötig. Am 5. Oktober 2016 lehnte das Departement für Bau und Umwelt zwei Einsprachen ab und gab sein Okay.
Im April 2017 wurde schliesslich die letzte Beschwerde auf Verwaltungsgerichtsebene zurückgezogen. 2018 erteilte die Gemeinde schliesslich die Baubewilligung. Am 27. Februar 2019 erfolgte der Spatenstich. (rha)
«In der Anlage wird Grüngut zuerst energetisch, dann stofflich verwertet», sagt Karl-Heinz Restle Gründer der Renergon International AG. Soll heissen: In einem ersten Schritt entsteht durch Vergärung Biogas, danach wird aus dem verbleibenden Material Kompost. Restle fügt hinzu:
«Denn erst nach der Vergärung kommen die Wertstoffe heraus.»
Entsprechend lautet auch der Slogan seiner Firma «Waste to Value», zu Deutsch: «Vom Abfall zur Kostbarkeit». Alles in allem hat die Anlage gut sechs Millionen Franken gekostet.
Das benötigte Grüngut stammt aus der Region. Genauer aus Kreuzlingen, Tägerwilen, Bottighofen und neu aus Gemeinden am Untersee. Als Beispiel nennt Restle das Material aus der Sammelstelle in Berlingen. Er sagt:
«Beim angelieferten Grüngut handelt es sich um Rüst- und Gartenabfälle aus privaten Haushalten, aber auch Abfälle aus der Landwirtschaft und der Tierzucht.»
In Tägerwilen wird das Biogas mit Hilfe der sogenannten Trockenvergärung gewonnen. Hierfür wird das geschredderte Grüngut in einer der fünf Fermenterboxen, die an eine übergrosse Garage erinnern, gelagert und mit einer Flüssigkeit, die Bakterien enthält, befeuchtet. Die Mikroorganismen starten den Abbauprozess zu Biogas. Während insgesamt 21 Tagen wird das Material dort gelagert.
«Erst gestern wurde eine der Fermenterboxen geleert», sagt Betriebsleiter Marco Pelladoni. Das Material, das nach der Vergärung noch übrig geblieben ist, liegt nun in der grossen Halle. Es ist schwarz-braun, erinnert bereits an Erde und riecht etwas streng.
In einem weiteren Schritt wird es der Kompostieranlage zugeführt und weiterverarbeitet. Der Kompost wird anschliessend verkauft. An Private, Gärtnereien oder Landwirte. Einer der Abnehmer sei die Biofresh AG aus Tägerwilen. Pelladoni sagt:
«Sie verwendet den Kompost in ihren Gewächshäusern.»
Die alte Kompostieranlage sei vor rund 30 Jahren in Betrieb gegangen, sagt Thalmann. «Damals dauerte es drei bis vier Jahre, bis wir guten Kompost hatten», sagt er. Er hoffe ja, dass es diesmal schneller gehe. Pelladoni beruhigt ihn:
«So lange wird es bestimmt nicht dauern.»
Als Abnehmer für das produzierte Biogas fungieren die Technischen Betriebe Kreuzlingen. Die Einspeisung des Tägerwiler Biogases ins Netz erfolgt kurz vor der Mowag. «Wir wollen erneuerbarer werden», sagt Roland Haerle, Leiter Energiemarkt. Bereits seit Januar enthalte das Gas der Technischen Betriebe in der Grundversorgung einen festen Biogasanteil von zehn Prozent. Es stamme aus der Schweiz sowie Europa. Haerle sagt:
«Dass wir unseren Kunden nun aber auch Biogas anbieten können, dass sozusagen direkt vor der eigenen Haustüre produziert wird, freut mich besonders.»
Auch wenn es am Ende länger gedauert habe als erwartet, bis der Betrieb der Anlage habe gestartet werden können. «Besser spät als nie», sagt er dazu.