Kreuzlingen/Konstanz
«Er war mehr als nur ein Blüemlimaler»: Gleich zwei Ausstellungen widmen sich dem Künstler Ernst Kreidolf

Sowohl das Museum Rosenegg als auch die Wessenberg-Galerie in Konstanz widmen dem Maler Ernst Kreidolf eine Ausstellung. Während in der Schweiz sein gesamtes Schaffen im Zentrum steht, liegt der Fokus ennet der Grenze auf seinen Pflanzendarstellungen.

Rahel Haag
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Yvonne Istas und Laurent Schmidt vom Museum Rosenegg mit Barbara Stark, Präsidentin des Vereins Ernst Kreidolf und Leiterin der Wessenberg-Galerie in Konstanz.

Yvonne Istas und Laurent Schmidt vom Museum Rosenegg mit Barbara Stark, Präsidentin des Vereins Ernst Kreidolf und Leiterin der Wessenberg-Galerie in Konstanz.

Bild: Belinda Schmid

Eigentlich hätte er Landwirt werden und den Hof seiner Grosseltern in Tägerwilen übernehmen sollen. Doch schon in seiner Kindheit zeigte sich, dass das Talent von Ernst Kreidolf im Zeichnen liegt. Am Ende werden es seine Bilderbücher sein, für die man ihn weit über die Schweizer Grenzen hinaus kennt. Nun widmet das Kreuzlinger Museum Rosenegg dem Künstler, der von 1863 bis 1956 lebte, unter dem Titel «Ernst Kreidolf – Querbeet» eine Sonderausstellung.

«Der Titel der Ausstellung kommt daher, dass wir Ernst Kreidolf in all seinen Facetten zeigen.»
Yvonne Istas, Leiterin des Museums Rosenegg.

Yvonne Istas, Leiterin des Museums Rosenegg.

Bild: Belinda Schmid

Das sagt Yvonne Istas, Leiterin des Museums Rosenegg. Zu sehen sind entsprechend nicht nur Kreidolfs Kinderbücher, sondern sein gesamtes Schaffen: von den ersten Zeichnungen über Familienporträts bis zu Stillleben. Insgesamt werden knapp 200 Werke gezeigt. Darüber hinaus ist die Ausstellung mit persönlichen Gegenständen des Künstlers gespickt. Im Eingangsbereich empfängt einen eines seiner Selbstporträts sowie seine Staffelei und Farbpalette. Beides Leihgaben der Gemeinde Tägerwilen.

Die Staffelei und Farbpalette von Ernst Kreidolf neben seinem Selbstporträt.

Die Staffelei und Farbpalette von Ernst Kreidolf neben seinem Selbstporträt.

Bild: Belinda Schmid

Um Geld zu verdienen, zeichnete er Verbrecherporträts

Im ersten Raum begegnet einem dann das Bild, welches auch das Ausstellungsplakat ziert. Es trägt den Titel «Morgenidyll» und zeigt Kreidolfs Schwester Frieda mit zwei Katzen am Fenster der Konstanzer Dachwohnung. Dort lebte der Rest von Kreidolfs Familie. Sein Vater führte in Konstanz ein Spielwarengeschäft. Der fünfjährige Sohn Ernst sollte bewusst bei den Grosseltern ennet der Grenze aufwachsen, um später den landwirtschaftlichen Betrieb zu übernehmen.

Das Gemälde «Morgenidyll» ziert auch das Plakat für die Sonderausstellung «Ernst Kreidolf – Querbeet».

Das Gemälde «Morgenidyll» ziert auch das Plakat für die Sonderausstellung «Ernst Kreidolf – Querbeet».

Bild: Belinda Schmid

Erhalten aus seiner Zeit auf dem Staudenhof in Tägerwilen sind unter anderem Pflanzen- und Landschaftsstudien aus der Umgebung und das ländliche Umfeld weckte in ihm auch das Interesse an Fauna und Flora. «Er war ganz verliebt in die Kleinstlebewesen», sagt Istas. Später absolvierte Kreidolf in Konstanz eine Ausbildung zum Lithografen. 1883 folgte ein Studium an der Kunstgewerbeschule in München.

«Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, zeichnete er damals Verbrecherporträts für das Polizeiblatt.»

Diese seien in der Ausstellung aber leider nicht zu sehen, fügt Istas hinzu und schmunzelt.

Der Föhn als dunkle, riesige Gestalt

Noch während seines Studiums reist Kreidolf – gebeutelt von Todesfällen im engen Familienkreis und gesundheitlichen Problemen – mit Freunden nach Partenkirchen und ist fasziniert von der Bergwelt. Die Bilder, die in dieser Zeit entstehen, sind im oberen Stock des Museums zu sehen. «Partenkirchen ist sein Erfrischungs- und Inspirationsort», sagt Istas, «dort findet er auch die Inspiration für seine Kinderbücher.»

Immer wieder lässt Kreidolf in seine naturalistischen Landschaftsaquarelle nun Traumgestalten einfliessen. Davon zeugt unter anderem das Gemälde mit dem Titel «Der Föhn» aus dem Jahr 1895. Es zeigt eine Berglandschaft und zwischen zwei Gipfeln eine dunkle, riesige Gestalt, die mit aller Kraft pustet.

Das Kunstwerk «Der Föhn» von Ernst Kreidolf.

Das Kunstwerk «Der Föhn» von Ernst Kreidolf.

Bild: Belinda Schmid

Im Altbau widmet sich die Ausstellung schliesslich den bekannten Bilderbüchern. Zu sehen ist dort unter anderem ein Bild, das eine Frau mit Sonnenblumenkopf auf einem Stuhl im Garten sitzend zeigt, die sich hinunterbeugt, um auf der Wiese kleine Insekten wie Grashüpfer zu betrachten.

Einen Raum weiter können Besucherinnen und Besucher mit Hilfe eines iPads durch die Bilderbücher blättern. Laurent Schmidt, der die Ausstellung mitgestaltet hat, sagt: «Das iPad lässt sich leichter desinfizieren. In Zeiten von Corona ist uns das wichtig.»

Auf einem iPad können die Besucherinnen und Besucher durch Kreidolfs Bilderbücher blättern.

Auf einem iPad können die Besucherinnen und Besucher durch Kreidolfs Bilderbücher blättern.

Bild: Belinda Schmid

Die Kinderbücher sind im Übrigen nicht nur auf Deutsch, sondern unter anderem auch auf Englisch, Französisch und sogar Japanisch erschienen. Was ihren Erfolg unterstreicht. «Und auch Bilderbücher sind Kunst», betont Barbara Stark, die Leiterin der Wessenberg-Galerie in Konstanz und Präsidentin des Vereins Ernst Kreidolf. Auch ennet der Grenze wird dem Künstler eine Ausstellung gewidmet. Sie legt den Fokus auf die Pflanzendarstellungen des Malers. Stark sagt:

«Ernst Kreidolf war mehr als nur ein Blüemlimaler.»

Hinweis: Die Sonderausstellung «Ernst Kreidolf – Querbeet» ist im Museum Rosenegg vom 23. Januar bis 17. April zu sehen. Am kommenden Freitag, 21. Januar, findet um 18 Uhr die Vernissage statt. Vom 29. Januar bis 17. April werden unter dem Titel «Wachsen – Blühen – Welken. Ernst Kreidolf und die Pflanzen» auch in der Wessenberg-Galerie in Konstanz Werke des Künstlers gezeigt.