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Die beiden Amriswiler Landeskirchen luden am Freitagabend mit diversen Veranstaltungen zu «Kuulthuur unter dem Kirchturm» ein. Es war eine lokale Ersatzveranstaltung für die kantonale «lange Nacht der Kirchen», die im letzten Jahr hätte stattfinden sollen.
Vom späten Nachmittag bis Mitternacht war in und um die beiden Gotteshäuser einiges los. Nicht weniger als 15 Events – vom Jugendband-Konzert auf dem Vorplatz der katholischen Kirche über diverse Aufführungen und Referate in den Sakralbauten bis hin zu im wahrsten Sinne des Wortes «atemberaubenden» Kirchturmbesteigungen – beinhaltete das Programm. Wer sicher bei einem Angebot dabei sein wollte, hatte zuvor Gelegenheit, sich online einen Platz zu reservieren, zumal am Freitag noch überall die bekannten, pandemiebedingten Einschränkungen und Sicherheitskonzepte galten.
Allerdings zeigte es sich, dass selbst bei den gefragtesten Angeboten noch genug Platz vorhanden war. Lag es am schönen Sommerabend oder einfach auch am sehr grossen Angebot, dass sich die Leute ein wenig verloren? Natürlich können auf den 75 Meter hohen Turm der evangelischen Kirche nur wenig mehr als Dutzend Personen gleichzeitig hoch.
Immerhin war nicht nur die Fernsicht von oben gut, sondern auch die Übersicht übers städtische Geschehen: «Der Pfarrer mäht gerade den Rasen», ruft eine Frau begeistert, derweil ein Paar die seltene Gelegenheit nützt, um auf den vier engen, aber gesicherten Brüstungen, die in allen Himmelsrichtungen angebracht sind, Selfies zu knipsen. Die Frau erklärt:
«Das kommt auf unseren Instagram-Account.»
Eine Frage kann Turmführer Daniel Laib nach der Bewältigung der 190 Stufen jedoch nicht beantworten: Warum leistete sich Amriswil vor 119 Jahren einen solch riesigen Turm? «Man dachte vielleicht, dass Amriswil auch weiterhin stark wachsen würde, und hat für die Zukunft geplant», mutmasst er.
«Echt live» kommt ein wenig später das Geschehen auf dem Vorplatz der katholischen Kirche daher, wo sich die Luja-Band, die normalerweise die «Worshipnights» für Jugendliche und junge Erwachsene bereichert, aufspielt und lobpreist:
«Wir haben hier unseren Spass. Das ist es doch, was zählt.»
Das sagt Bandmitglied Helena Santos nach dem schillernden Auftritt –und strahlte so eine Zufriedenheit aus, die an diesem Abend auch von anderen Auftretenden ausgeht.
Beispielsweise von den Mädels der Blaukreuz-Tanzgruppe roundabout, welche, wie es sich für einen echten Flashmob gehört, sich vor der Vorstellung zuerst unter die Besuchenden gemischt hatten und danach auf der Bühne bzw. im Altarbereich ausgelassen zu Latinorhythmen tanzten.
Auch der Amriswiler Unternehmer und Pianist Hermann Hess, der mit der Geigerin Cécile Vonderwahl zweimal Mozart-Sonaten in der katholischen Kirche spielt, zeigt sich von der innigen Anteilnahme des Auditoriums begeistert: «Es ist interessant, zu hören, wie lebendig die Musik daherkommt», bemerkt er zwischen den Sätzen vielsagend hinsichtlich des Zusammenspiels von Publikum und Künstlern.
Und doch: Es ist weniger die an den Tag gelegte Professionalität als die Lebensfreude, die die Mitmachenden an den Tag legen, die bewegt. Dies sieht auch der katholische Organist und Kantor Thomas Haubrich so:
«Es ist doch schön, dass kulturell wieder etwas geht. Wir haben diese Veranstaltung von Herzen durchgeführt und sind durch ein tolles Programm belohnt worden.»
Ganz ähnlich klingt es bei jenen, die das Programm in der evangelischen Kirche verantworteten. Liliane Germann, Sekretärin der evangelischen Kirchgemeinde Amriswil-Sommeri, sagt:
«Sicher hätten es noch ein paar Leute mehr sein können. Aber jene, die hier sind, freuen sich sehr über die Darbietungen. Für uns hat sich die Durchführung auf jeden Fall gelohnt.»